Das Stuttgarter Landgericht schickt einen 25-Jährigen für sechs Jahre und sechs Monate hinter Gitter. Die Richter sind überzeugt davon, dass er vergangenes Jahr mit einer Guy-Fawkes-Maske vorm Gesicht zwei Lokale im Kreis Böblingen überfallen hat.

Versteinert vernimmt der Angeklagte am späten Donnerstagvormittag das Urteil: Für sechs Jahre und sechs Monate schickt ihn die 8. Große Strafkammer am Stuttgarter Landgericht wegen besonders schweren Raubes, gefährlicher Körperverletzung und gemeinschaftlichen schweren Raubes hinter Gitter. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der 25-Jährige im vergangenen April innerhalb von zehn Tagen zwei Lokale in Böblingen und Sindelfingen überfallen und insgesamt knapp 13 000 Euro erbeutet hatte. Das Markenzeichen des Räubers: eine Guy-Fawkes-Maske, hinter der er sein Gesicht versteckte. Der Angeklagte hat bis zuletzt zu den Taten geschwiegen.

 

Der Richter sprach in seiner Urteilsbegründung von einem „erdrückenden Beweisergebnis“. Da war zum einen die Aussage des Sindelfinger Wirts, dem der maskierte und mit einem silbernen Trommelrevolver bewaffnete Täter am 16. April rund 400 Euro abgenommen hatte. Schon bei dem Überfall war ihm der Räuber bekannt , die tiefe Stimme und der leicht nach vorne gebeugte Gang vertraut vorgekommen. Damit der Täter noch etwas sage, habe er einen Zehn-Euro-Schein auf den Boden fallen lassen, rekapitulierte der Vorsitzende Richter die Tat. Dafür verpasste ihm der verärgerte Täter einen Hieb mit dem Revolver auf den Kopf, die Platzwunde musste mit mehreren Stichen genäht werden.

Wirt erkennt in einem Gast den Räuber

Etwa drei Monate nach dem Überfall, der von den Überwachungskameras in dem Lokal aufgezeichnet worden war, tauchten zwei Männer in dem Sindelfinger Bistro auf. Einer von ihnen begrüßte den Wirt mit den Worten: „Guten Tag, Chef, wie geht’s?“ Da war dem Bistro-Pächter schlagartig klar, dass der Räuber vom April vor ihm stand. Er verständigte die Polizei, die den 25-Jährigen und seinen Begleiter festnahm.

Was danach kam, war nach Ansicht des Vorsitzenden Richters „noch besser“. Denn die beiden Männer stimmten Wohnungsdurchsuchungen zu. Bei dem 25-Jährigen stellten die Beamten eine Jogginghose mit einem auffälligen Schriftzug sicher, die einer der beiden maskierten Täter bei dem Überfall am 27. April auf ein Böblinger Lokal getragen hatte. In der Wohnung der Freundin von dem mutmaßlichen Komplizen des 25-Jährigen entdeckten die Beamten eine schwarz-weiß gemusterte Sportjacke, die der Täter bei dem Überfall auf das Sindelfinger Bistro angezogen hatte. Am Kragen und den Ärmelbündchen konnte eine Mitarbeiterin des Landeskriminalamtes DNA-Spuren des 25-Jährigen nachweisen. Die Masken und der silberne Revolver indes wurden allerdings nicht gefunden.

Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert

Aus Sicht der Richter „ist es völlig unwahrscheinlich“, dass der Sindelfinger Wirt einen Falschen beschuldigt habe, bei dem die Polizei dann ausgerechnet ein Kleidungsstück von dem Böblinger Überfall finde. Die zwei Berufs- und zwei Laienrichter waren überzeugt davon, dass der 25-Jährige die Überfälle begangen hatte – mal alleine, mal mit einem Komplizen, gegen den ein gesondertes Verfahren läuft.

Da war sich auch der Staatsanwalt sicher. Er hatte in seinem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten für den bislang nicht vorbestraften 25-Jährigen gefordert. Dessen Verteidiger hingegen hatte auf Freispruch plädiert. Seiner Ansicht nach war in dem Verfahren weder das Umfeld noch das „nicht erkennbare“ Motiv des Angeklagten ausreichend berücksichtigt worden.

Für einen Neustart nach Sindelfingen gekommen

Der 25-Jährige, in Nordrhein-Westfalen geboren und aufgewachsen, war für einen Neustart zu seiner Tante nach Sindelfingen gekommen. Sie hatte ihm eine Stelle bei einer Reinigungsfirma besorgt, in der er sich nach eigenen Angaben rasch zum Vorarbeiter hochgearbeitet hatte. Er habe begonnen, Fuß zu fassen. Weshalb sollte er in dieser Phase Überfälle begehen, hatte der Verteidiger gefragt.

Bis zuletzt hatte der Angeklagte kein Sterbenswörtchen zu den Taten gesagt – auch in seinem letzten Wort nicht. Die Forderung des Staatsanwaltes hatte ihn sichtlich getroffen: „Ich bin ein bisschen baff.“ Bei der Urteilsverkündung verzog er keine Miene.