Vor dem Stuttgarter Landgericht sagt der Vorsitzende des Bündnisses Kreis Göppingen nazifrei aus. Hat einer der Angeklagten ihn mit dem Tode bedroht?

Stuttgart/Göppingen - Der Brief, der sein Leben bedroht hat, hat Alexander Maier vergleichsweise kalt gelassen. „Ich bin nicht davon ausgegangen, dass mich wirklich jemand umbringen wollte“, sagte der 24 Jahre alte Vorsitzende des Vereins „Kreis Göppingen nazifrei“ am Dienstag als Zeuge vor dem Stuttgarter Landgericht. Er werde noch vor dem 12. Oktober tot sein, und man werde ihn in seinem Blut baden lassen, stand unter anderem in dem anonymen Schreiben, das am 1. Oktober 2013 bei der Göppinger Lokalzeitung einging. Unterzeichnet war es mit „Ein guter Deutscher“.

 

Die Antifa ist es nicht gewesen, glaubt Maier

Bis heute ist unbekannt, wer hinter dem Drohbrief steckt. „Im allerersten Moment dachte ich sicher, dass es die Autonomen Nationalisten sind. Aber natürlich weiß ich es nicht“, sagte Maier. Doch wer soll sonst in Frage kommen? Mit der Antifa habe es früh ein Zerwürfnis gegeben, da man in „unterschiedliche Richtungen“ gegangen sei, sagte der Grünen-Stadtrat und angehende Redakteur. „Das ging aber nie so weit, dass ich denken würde, sie hätten so ein Schreiben verfasst.“

Unter anderem wegen dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung müssen sich vier mutmaßliche Köpfe der Autonomen Nationalisten (ANGP) seit Anfang des Jahres vor dem Stuttgarter Landegericht verantworten. Nach mehreren rechten Demos, Aufkleber-Aktionen und Körperverletzungen hat Innenminister Reinhold Gall (SPD) die Göppinger Nazigruppe Ende 2014 verboten.

„Wir wollten den Nazis etwas entgegen setzen“

Die Aufkleber mit rechten Sprüchen waren Maier zuerst in Göppingen aufgefallen. Im Herbst 2011 sei deshalb die Idee entstanden, ein gruppenübergreifendes Bündnis als Gegenbewegung ins Leben zu rufen. Nachdem ANGP-Mitglieder Ende Januar 2012 den Neujahrsempfang der Linken gestört hätten, habe man am 29. Februar das Bündnis gegründet. 2013 wurde es zum Verein. „Wir wollten zeigen, dass es die Bevölkerung nicht einfach so hinnimmt, wenn Nazis in ihrer Stadt auftreten.“

Man habe Demos und Gegendemos veranstaltet. Immer wieder sei es zu Konfrontationen mit der rechten Gruppe gekommen. So seien ANGP-Mitglieder in Veranstaltungen marschiert und hätten Unruhe gestiftet. Auch hätten sie am 2. März 2013 eine Rote-Teppich-Aktion des Vereins auf dem Marktplatz gestört und ein Transparent heruntergerissen. Zwei Menschen seien leicht verletzt worden.

Rechte verteilen CDs auf dem Schulhof

In einer Tabelle sammelten Vereinsmitglieder alle Vorkommnisse, hinter denen sie die ANGP als Drahtzieher vermuteten. Diese Übersicht übergab Maier später der Polizei. Auch hätten Mitglieder das Schulamt informiert, wenn Informationen vorlagen, dass die Autonomen Nationalisten CDs mit rechtem Liedgut auf Schulhöfen verteilen würden. Die Angeklagten gehörten zum festen Kern der ANGP. Man habe sie häufig bei den Demos gesehen, sagte er.

Das Verhältnis seines Vereins zur Antifa beschrieb Maier als angespannt. So habe der Verein nicht an deren Demo-Blockaden teilnehmen wollen. Als Maier öffentlich kritisierte, dass bei einer Demo gegen Rechts Flaschen und Eier geflogen seien, habe es regelrecht Vorwürfe gehagelt. So habe er sich vorhalten lassen müssen, mit seinem „unsolidarischen“ Verhalten „den Nazis in die Hände zu spielen“. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.