Im Prozess um den gewaltsamen Tod des dreijährigen Alessio aus Lenzkirch im Hochschwarzwald hat die Staatsanwaltschaft acht Jahre und drei Monate Gefängnis für den Angeklagten – den Stiefvater von Alessio – gefordert. Der 33 Jahre alte Landwirt habe sich der Körperverletzung mit Todesfolge und schwerer Misshandlung schuldig gemacht, sagte der Staatsanwalt.

Freiburg - Im Prozess um den gewaltsamen Tod des dreijährigen Alessio aus Lenzkirch im Hochschwarzwald hat die Staatsanwaltschaft acht Jahre und drei Monate Gefängnis für den Angeklagten – den Stiefvater von Alessio – gefordert. Der 33 Jahre alte Landwirt habe sich der Körperverletzung mit Todesfolge und schwerer Misshandlung schuldig gemacht, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer am Dienstag vor dem Landgericht Freiburg. Damit rückten die Ankläger von dem ursprünglich erhobenen, schwerer wiegenden Vorwurf des Totschlags ab.

 

Beschuldigter räumte die Tat ein

Der Prozess habe, so der Staatsanwalt, ein verändertes Bild des Angeklagten erbracht. Dieser hatte zum Prozessauftakt eingeräumt, den Sohn seiner Lebensgefährtin am Nachmittag des 16. Januar mit der Faust schwer geschlagen zu haben, behauptete aber, dies sei im Ärger über Alessios Ungeschicklichkeit geschehen, der zuvor die Treppe heruntergestürzt sei. Statt sofort den Notarzt zu rufen, hatte der Stiefvater zunächst unter anderem mit seiner Cousine telefoniert, als er das Kind dann gegen 16 Uhr in eine Arztpraxis brachte, kam jede Hilfe zu spät: Alessio starb an schweren inneren Verletzungen. Den Vorwurf der wiederholten Misshandlung des Jungen und seiner kleineren Schwester wies der Stiefvater zurück. Die Staatsanwaltschaft berücksichtigte offenbar die Darstellungen aus dem familiären Umfeld, wonach der in seiner Jugend selbst von der Mutter misshandelte Landwirt ein zwar strenger, aber letztlich fürsorglicher Stiefvater gewesen sei. Auch weitere Zeugen und Sachverständige hatten im Prozess über den Angeklagten gesagt, er sei er in der Beziehung mit der ebenfalls als Kind missbrauchten Lebenspartnerin und in der Betriebsführung eines großen Hofes mit 140 Tieren überfordert gewesen.

Verteidiger: Angeklagter ist auch Opfer

Auch die Verteidigung plädierte für Milde, weil der Angeklagte zwar unzweideutig Täter, zugleich aber auch Opfer der Umstände gewesen sei. Lediglich die Anwältin der Nebenklage – der Kindesmutter von Alessio – hielt am Vorwurf des Totschlages fest. Sie wies den Verdacht zurück, sie selbst habe ihr Kind geschlagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in diese Richtung.

Die Kindsmutter ist erst nach dem Tod ihres Sohnes auf Distanz zu ihrem Lebensgefährten gegangen und hatte mit ihren Aussagen eine rasche Anklage ermöglicht. In der Anklageschrift war von einem über zwei Jahre anhaltenden Martyrium des Jungen die Rede. Zwei Mal wurde das Kind mit Merkmalen von Misshandlung in die Freiburger Uniklinik eingeliefert, dennoch hatte die Staatsanwaltschaft Freiburg nach einer Anzeige der Klinik die Ermittlungen im Herbst 2014 eingestellt und das Jugendamt des Landreises Breisgau-Hochschwarzwald hatte nach einer Unterbrechung den Jungen wieder in die fragile Familie zurückgegeben. Die Kindesmutter war zeitweise in ärztlicher Behandlung und zur Tatzeit nicht auf dem Hof. Auch gegen Jugendamt und Landratsamt wird noch ermittelt, eine Kommission des Kreistages und ein unabhängiger Experte untersuchen die Angelegenheit. Das Urteil des Landgerichtes Freiburg soll am Mittwoch, 14. Oktober, verkündet werden.