Der Streit zwischen Erich Kellerhals und Metro um die Media-Saturn-Holding tobt seit 2011. Das Landgericht Ingolstadt entscheidet, ob Pieter Haas Geschaftsführer bleiben darf. Frieden kann aber nur eine Radikallösung stiften.

München - Der Streit hat das Zeug für modernes Theater mit würzigen Dialogen. Er könnte auch verfilmt werden, wüsste man denn schon, wie es am Ende ausgeht. Die Protagonisten polarisieren. Auf der einen Seite steht ein 74-jähriger Milliardär, Erich Kellerhals, Mitbegründer von Europas größtem Elektronikfachhändler Media-Saturn. Auf der anderen Seite der Bühne lauert der Handelsriese Metro mit Vorstandschef Olaf Koch. Das Drama dreht sich um die Ingolstädter Media-Saturn Holding (MSH), einen Konzern mit 65 000 Beschäftigten und 20 Milliarden Euro Umsatz. An diesem Donnerstag ist es wieder so weit. Vorhang auf.

 

Das Landgericht Ingolstadt urteilt dann darüber, ob Pieter Haas MSH-Geschäftsführer bleiben darf. Der 22-prozentige MSH-Minderheitseigner Kellerhals will ihn per einstweiliger Verfügung aus dem Amt klagen. Dorthin gebracht hat ihn die 78-prozentige MSH-Mehrheitseignerin Metro, nachdem der streitbare Milliardär den Haas-Vorgänger, Horst Norberg, aus dem MSH-Chefsessel gemobbt hatte. Das sind aber nur die jüngsten Paukenschläge einer seit gut dreieinhalb Jahren währenden Schlammschlacht, die in der deutschen Wirtschaftsgeschichte keine Parallele hat.

Begonnen hat das Ganze am 18. Januar 2011

Selbst in den jeweiligen Lagern rollen einige mittlerweile mit den Augen. „Das macht keinen Spaß mehr, wir sollten endlich aufhören, uns gegenseitig immer auf die Fresse zu hauen“, verschafft ein zum verbalen Prügeln verdonnerter Gefolgsmann seinem Frust etwas Luft. Begonnen haben das Ganze am 18. Januar 2011 die Metro-Leute aus Düsseldorf, ein Datum, das Kellerhals immer noch als Tag der Kriegserklärung anführt. Damals wurden Koch und der damalige Metro-Chef Eckhard Cordes, der zuvor jahrelang bei Daimler gemanagt hatte, bei Kellerhals vorstellig. Ihre Erklärung hatte es in sich.Obwohl der Milliardär nur knapp 22 Prozent an der MSH hielt, verfügte er über umfassende Vetorechte. Vermeintlich. Diese Rechte seien hinfällig, weil Metro die MSH über einen Beirat zu steuern gedenke, in dem Kellerhals nichts zu sagen habe, eröffnete das Managerduo wenig diplomatisch. Aber der damals 71-Jährige ließ sich durch den Frontalangriff nicht überrollen und über Dreierlei verfügt er im Übermaß – Sturheit, Geld und Zeit.

Mühselig hat Metro danach die eigene Rechtsposition teils vor Gericht durchgeboxt, bis heute aber keinen wirklichen Durchbruch errungen. Es gibt zwar Gerichtsurteile zugunsten von Metro. Aber in Folgeprozessen gestritten wird nun darüber, wie diese zu interpretieren sind. Und notfalls hat Kellerhals noch seinen Internetblog. Dort hat er Koch schon einen unfähigen Diktator genannt oder einen Nachfolger für Norberg gesucht, als der noch im Amt war. Selten war der Begriff „vergiftete Atmosphäre“ so treffend wie in diesem Fall.

Kein Ende des Streits in Sicht

Wie immer die aktuelle Episode um Pieter Haas in Ingolstadt ausgeht, sie wird kein Ende des Dauerstreits bringen, der einen Konzern am Scheideweg zu zerreißen droht. Die Media-Saturn steht gewaltig unter dem Druck vor allem von Onlinehändlern wie Amazon. Die sprudelnde Profitquelle ist zum Sorgenkind geworden. Nun proben die Ingolstädter einen Strategiewechsel. Sie bräuchten Klarheit an der Eignerfront – statt zermürbender Abnutzungskämpfe.

Den gordischen Knoten durchtrennen kann aber wohl nur ein radikaler Hieb. Um für Ruhe zu sorgen, müsste ein MSH-Eigner den anderen herauskaufen. Das gestehen hinter vorgehaltener Hand beide Streitparteien ein. Recht viel weiter geht die Einigkeit aber nicht. Metro stünde zwar zur Komplettübernahme bereit, aber Kellerhals will keinesfalls loslassen.

Die MSH muss börsenfähig gemacht werden

Der Milliardär hat eine Alternative präsentiert, die von den Metro-Eignern nicht gleich vom Tisch gewischt wurde. Der Plan wird nun hinter den Kulissen auf Machbarkeit abgeklopft und sieht ungefähr so aus: Media-Saturn wird per Spinoff von Metro an die Börse gebracht, das heißt, die Anteile würden dann Metro-Eignern in ihr Aktiendepot gebucht. Die MSH wäre keine Metro-Tochter mehr und vor allem wären die Intimfeinde Kellerhals und Koch getrennt. Wenn Metro-Aktionäre ihre MSH-Aktien verkaufen wollen, stünde Kellerhals bereit, sie zu erwerben, um sich endlich wieder das Sagen zu sichern.Soweit die Theorie. Praktisch gibt es Hürden. Die MSH muss börsenfähig gemacht werden, ist aber in einem Zustand, in dem man Unternehmen eigentlich nicht an die Börse bringt. Das MSH-Management ist in weiten Teilen auf Distanz zu Kellerhals gegangen, müsste aber künftig mit ihm klarkommen. Juristen warnen zudem, Metro unterliegt einer Nachhaftung, falls Kellerhals Media-Saturn in Eigenregie zeitnah an die Wand fahren sollte. Ein Risiko, das die Düsseldorfer nicht tragen wollen. Wie es aussieht, ist das aber immer noch der gangbarere Weg für einen dringend nötigen Befreiungsschlag.