Von Donnerstag nächster Woche an muss sich Bernie Ecclestone gegen Vorwürfe wehren. Dem Matador der Formel 1 könnte eine Verurteilung wegen Bestechung des früheren BayernLB Managers Gerhard Gribkowsky drohen.

München - Gerichtssäle sind ihm fast ebenso vertraut wie die Rennstrecken dieser Erde. Hier wie dort ist es Formel-1-Impresario Bernard Charles Ecclestone gewohnt, seinen Willen zu bekommen. Das Landgericht München, vor dem gerade der gefallene Bayern-Präsident Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, könnte die Siegesserie des Briten ähnlich spektakulär beenden. Am Donnerstag nächster Woche startet der Prozess, bei dem es für den 83-jährigen so eng wie noch nie werden dürfte. Angeklagt ist der Erfinder der Rennsportserie wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue in einem jeweils besonders schweren Fall. Spricht Richter Peter Noll ihn schuldig, sind bis zu zehn Jahre Haft möglich. Spekulationen über Korruption halten sich hartnäckig bei den Weltsportgeschäften Fußball, Olympische Spiele und Formel 1. Diesmal sind sich die Ermittler sicher, etwas beweisen zu können.

 

Ecclestone habe den Ex-Landesbanker Gerhard Gribkowsky in den Jahren 2006 und 2007 mit 44 Millionen Dollar bestochen, heißt es in der über 220 Seiten langen Klageschrift der Staatsanwalt München. Der Banker habe im Gegenzug dafür gesorgt, dass die BayernLB ihre Formel-1-Anteile für netto 773 Millionen Dollar an Ecclestones Wunschinvestor CVC verkauft hat. Der Beschuldigte und seine Anwälte sehen es anders. „Herr Ecclestone hat sich weder einer Bestechung noch der Teilnahme an einer Untreue schuldig gemacht“, sagt sein Verteidigerduo Sven Thomas und Norbert Scharf. Die beiden sind zwei der profiliertesten Strafverteidiger Deutschlands. Auf ihrer Mandantenliste stehen Ex-Wirtschaftsbosse wie Rolf Breuer, einst früher Chef der Deutschen Bank oder Heinrich von Pierer, der frühere Vorstandsvorsitzende von Siemens.

Die Verteidiger werden es der Anklage nicht leicht machen. Gegen ihren Mandanten spricht, dass Gribkowsky seit Sommer 2012 eine achteinhalbjährige Haftstrafe absitzt, weil Richter Noll es damals als erwiesen ansah, dass er von Ecclestone bestochen wurde. Dieser habe den Banker „ins Verbrechen geführt“, urteilte Noll damals und ließ keinen Zweifel, wer die treibende Kraft bei der Bestechung war. Ähnlich hat es soeben das höchste britische Zivilgericht gesehen. Vor dem Londoner High Court anhängig war eine Schadenersatzklage gegen Ecclestone wegen der Formel 1, die Richter Guy Newey zwar abgeschmettert hat. Zugleich hat er in seinem Spruch klargestellt, dass es sich bei den 44 Millionen Dollar an Gribkowsky um Bestechung und eine „korruptive Vereinbarung“ gehandelt hat. Ecclestones Aussagen wertete er als „nicht wahrheitsgemäß“, ihn selbst als „nicht vertrauenswürdig“.

Bisher vergeblich erzählt der knapp 1,60 Meter kleine Brite mit dem großen Ego vor Gericht eine andere Geschichte. Derzufolge waren die 44 Millionen Dollar Schweigegeld. Gribkowsky habe gedroht, ihn beim britischen Fiskus wegen seiner wahren Rolle im Formel-1-Zirkus anzuschwärzen, was Milliarden an Steuernachzahlungen hätte auslösen können. Richter Newey hat das aber ebenso wenig geglaubt wie Richter Noll bei der Verurteilung Gribkowskys. Mangels Beweisen für Ecclestones Steuertricksereien habe der ihn gar nicht erpressen können, sagt die Münchner Staatsanwaltschaft. Der Brite habe 2005 vielmehr befürchtet, seine Macht zu verlieren und auf Betreiben der BayernLB als Chef der Formel 1 abgelöst zu werden. Um das zu verhindern, habe er einen Käufer gesucht, der ihn im Sattel hält und diesen im Finanzinvestor CVC gefunden. „Sag mir eine Zahl“, soll Ecclestone damals zu Gribkowsky gesagt. „50“, hat dieser nach eigener Aussage geantwortet.

Damit waren Millionen Dollar gemeint und das Versprechen, den Verkauf an CVC zu managen. Das Duo habe es so eingefädelt, dass die Bank die Bestechung für ihren Ex-Vorstand größtenteils selbst bezahlt hat, ohne es zu bemerken. Für die Vermittlung von CVC als Käufer hat Gribkowsky seinem Kumpan Ecclestone 41 Millionen Dollar Provision zugeschanzt, die der BayernLB in Rechnung gestellt wurden. Inklusive einer weiteren Trickserei sei der Landesbank ein Schaden von 66 Millionen Dollar entstanden, sagt die Staatsanwaltschaft.

Als größte Chance, einer Verurteilung zu entkommen, sehen Juristen Gribkowskys Amtsträgerstatus. Darauf basiert die Anklage. Ecclestone habe nicht gewusst, dass die BayernLB eine Staatsbank und Gribkowsky damit Amtsträger war, sagen seine Anwälte. Die Staatsanwaltschaft will mit Zeugen das Gegenteil beweisen. Ecclestone ahnt offenbar mittlerweile, dass es brenzlig wird. Im Februar wollte er noch wetten, dass es in München nicht zum Prozess kommt. Nun wird es ernst. 26 Verhandlungstage bis Mitte September sind angesetzt, rund 40 Zeugen werden vernommen. „Natürlich bin ich besorgt“, hat Bernie vor wenigen Tagen dem TV-Sender Sky Sports F1 anvertraut.