Exklusiv Im Folterprozess vor dem Ulmer Landgericht gerät die Anklage auf Körperverletzung mit Todesfolge gegen vier Männer ins Wanken. Zeugenvernehmungen deuten auf ein anderes Motiv für den Freitod des Opfers.

Ulm - In dem Aufsehen erregenden Folterprozess vor dem Landgericht Ulm kommt die Anklage gegen vier Männer ins Wanken. Die Staatsanwaltschaft Ulm wirft den Angeklagten im Alter zwischen 23 und 27 Jahren vor, im September 2013 einen 33-jährigen Mann stundenlang misshandelt zu haben, um ihn zu Einbruchdiebstählen zu zwingen. Verzweifelt, schwer verletzt und in Sorge um seine zwei Kinder habe sich das aus Schelklingen (Alb-Donau-Kreis) stammende Opfer am nächsten Tag vor einen Regionalzug geworfen.

 

Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung deuten Zeugenvernehmungen im Rahmen des am 16. Juli begonnenen Prozesses aber auf ein anderes Motiv für den Freitod. Die Ex-Lebensgefährtin des mutmaßlichen Opfers berichtete von einem zunehmenden Drogenkonsum ihres Freundes schon Monate vor der Tat. Schilderungen des 33-Jährigen von der erlittenen Folter in einem Abschiedsbrief und gegenüber Freunden decken sich nicht mit Erkenntnissen eines rechtsmedizinischen Gutachters. Unter anderem kaufte das vermeintliche Opfer kurz nach der angeblichen Folter in einem Schelklinger Supermarkt Alkohol ein, Bilder aus Überwachungskameras zeigen keine Verletzungsauffälligkeiten. Von seiner Familie hatte sich der 33-Jährige etwa zwei Wochen vor der Selbsttötung getrennt. Schon im Juni 2013 hatte er eine Beziehung mit einer weiteren Frau begonnen.

Staatsanwaltschaft erzwang Prozesseröffnung

Die Hauptanklage der Staatsanwaltschaft gegen die vier Männer lautet auf Körperverletzung mit Todesfolge. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung, hatte das Ulmer Landgericht eine Prozesseröffnung zunächst abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft erzwang daraufhin die Verfahrenseröffnung über eine Beschwerde beim Oberlandesgericht Stuttgart. Der Prozess wird sich voraussichtlich bis in den September ziehen.