Er habe das „Grillfleisch“ eingepackt, schreibt ein 32-Jähriger an seinen Kumpel. Er meint damit Pillen, welche die beiden illegal verkaufen wollen. Daraus wird nichts: Am Bahnhof Waiblingen schnappt die Falle der Fahnder zu.

Waiblingen - Er habe das Grillfleisch eingefroren und bringe es aus Köln mit nach Waiblingen. Diese vom Zoll abgefangene Nachricht eines 32-jährigen Schorndorfers ist nach der Meinung des Vorsitzenden Richters am Waiblinger Amtsgericht, Steffen Kärcher, im Zusammenhang mit den ihm zur Last gelegten Tatumständen unglaubwürdig und sei letztlich mit ausschlaggebend für seine Verurteilung gewesen. Acht Monate Freiheitsstrafe lautete die vom Gericht verhängte Strafe, die auf Bewährung ausgesetzt wurde.

 

Am Bahnhof Waiblingen schnappt ein Sondereinsatzkommando die Täter

Die Staatsanwaltschaft hatte den beiden Angeklagten vorgeworfen, sie hätten gemeinschaftlich versucht, einen Handel mit Potenzmittel zu betreiben. Der 32-jährige Peter L. habe sich am 25. Juli vor zwei Jahren am Waiblinger Bahnhof mit dem 41-jährigen Mirko P. (beide Namen von der Redaktion geändert) verabredet, um ihm dort die entsprechenden Pillen zu übergeben. L. hatte sich nach eigener Aussage in Köln die Gelegenheit eröffnet, die potenzsteigernden Pillen preiswert zu erwerben. Auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft beteuerte der Angeklagte jedoch, dass es zwischen ihm und dem Mitangeklagten Mirko P. keinerlei Absprachen bezüglich einer solchen Übergabe gegeben habe. Man habe sich lediglich zum Grillen treffen wollen.

Die Fahnder vom Stuttgarter Zoll hatten beide Angeklagten nach früheren Hinweisen ihrer Kollegen aus Berlin bereits eine ganze Weile im Visier und verhafteten sie schließlich an jenem 25. Juli mit Hilfe eines Sondereinsatzkommandos am Waiblingen Bahnhof. Dabei wurden mehr als 1000 Einheiten der in Indien hergestellten sogenannten Kamagra-Oral-Jelly-Präparate sichergestellt.

Die Kamagra Oral Jelly-Pillen sind in der Dopingszene beliebt

Ein Sachverständiger, der die Präparate untersucht hatte, bestätigte auf Nachfrage des Gerichts allerdings, dass der darin enthaltene Wirkstoff so gering gewesen sei, dass man „schon mehrere Einheiten davon hätte nehmen müssen, um eine Wirkung zu spüren“. Diese Arzneimittel würden üblicherweise in der Bodybuilder Szene eingenommen, um der erektilen Dysfunktion entgegen zu wirken, die bei der Einnahme von Dopingmitteln häufig als unerwünschte Nebenwirkung auftrete.

Die Anwälte der Angeklagten plädierten am Ende der Verhandlung lediglich auf Geldstrafen für ihre Mandanten, da die Hauptverhandlung keinerlei eindeutige Beweise für den Anklagepunkt des „gemeinschaftlichen unerlaubten Inverkehrbringens von Fertigarzneimitteln ohne Genehmigung“ erbracht habe. Außerdem seien beide nicht vorbestraft. Die Staatsanwaltschaft forderte für Mirko P. insgesamt zwölf Monate Freiheitsstrafe, für Peter L. zehn Monate, jeweils auf Bewährung. Ein zuvor von Peter L. abgelegtes Geständnis wertete der Staatsanwalt als „Geständnis light“, welches seiner Ansicht nach nicht zur Strafmilderung führen könne.

Die beiden Angeklagten bekommen eine Bewährungsstrafe

Richter Kärcher verhängte schließlich auf jeweils acht Monate Freiheitsstrafe gegen beide Angeklagte, die er jedoch zur Bewährung aussetzte. Zusätzlich erlegte er Mirko P. eine Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro auf. Peter L. muss innerhalb eines halben Jahres 1500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung bezahlen. Für den Richter bestand kein Zweifel, dass die beiden Angeklagten zusammengearbeitet und Arzneimittel in nicht unerheblichen Mengen dabei eine Rolle gespielt hätten.

Mitverhandelt wurde auch die Anklage der Geldwäsche gegen den Mitangeklagten Mirko P. Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, dass er in seiner Position als Mitarbeiter eines Automobilkonzerns, mindestens 28 Fahrzeuge verbilligt für mehrere Bekannte geleast haben soll. Laut Anklage sollten Teile dieser Einzahlungen aus Rauschgiftverkäufen und anderen illegalen Geschäftsquellen stammen. Die Aussage eines Zeugen konnte diese Vorwürfe allerdings nicht erhärten, sodass der Anklagepunkt der Geldwäsche schließlich fallen gelassen werden musste und der Staatsanwalt in seinem Plädoyer zu diesem Anklagepunkt einen Freispruch forderte.