Das Oberlandesgericht Stuttgart hat ein ehemaliges Mitglied der Terrormiliz IS zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Der heute 20-Jährige hatte eingeräumt, sich der Terrormiliz angeschlossen zu haben.

Stuttgart - Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am Montag ein vorübergehendes Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Der heute 20-Jährige aus Südbaden hatte eingeräumt, sich 2015 für mehrere Monate einer Terrorgruppe in Nordsyrien angeschlossen zu haben. Er ließ sich an Kriegswaffen ausbilden, trug den Kampfnamen „Abu Ismail al-Almani“, bekam 100 Dollar Sold pro Monat und wurde einer Einheit zugeordnet. Dann floh er und wurde im Oktober 2015 an Deutschland ausgeliefert.

 

Dem jungen Mann wurde zugute gehalten, dass er sich recht rasch von dem Terrorregime abgewandt habe, dass er unter großer Gefahr geflohen sei, vieles gestanden habe und dass er Infos zum IS preisgegeben habe. Dennoch sei er mit immenser krimineller Energie nach Syrien aufgebrochen und habe sich mit dem IS und all seinen Grausamkeiten samt Tötungen, Anschlägen und Hinrichtungen identifiziert. Zudem habe er auch seine Mutter nach Syrien lotsen wollen.

Angestachelt durch die Mutter

„Wofür er kämpfen und sterben wollte, war dem Angeklagten durchaus bewusst“, hatte Oberstaatsanwalt Steffen Haidinger in seinem Plädoyer gesagt. Laut Gericht fasste der vergleichsweise schmächtige und schüchtern wirkende Angeklagte aus Waldshut 2014 den Entschluss, für den IS in den Heiligen Krieg zu ziehen. Dabei wurde er offenbar angestachelt durch seine Mutter, die Muslime generell in der Opferrolle sehe und ihrem Sohn auch entsprechende Propagandavideos gezeigt habe. Ihr Sohn - ein Einzelgänger - sprach von einer psychischen Hölle in Deutschland, der er habe entkommen wollen. Um seine Reise nach Syrien zu finanzieren, hat er unter anderem sein Playmobil-Spielzeug verkauft.

Bereits zu Schulzeiten 2013 soll sich der junge Mann mit islamistischem Gedenkengut befasst haben, hieß es. Sowohl mit der Ideologie als auch mit der Handlungsweise des IS habe er sich identifiziert. Lehrer und Klassenkameraden hätten dies nicht erkannt oder den Heranwachsenden nicht ernst genommen. Vor Gericht sagte er jetzt über seinen Entschluss, in den Heiligen Krieg zu ziehen: „Einen größeren Fehler kann man nicht machen.“ Der Vorsitzender Richter Herbert Anderer zeigte sich jetzt überzeugt, dass der 20-Jährige sich tatsächlich vom IS abgewandt hat. Es wäre ein falsches Signal, sagte der Richter, wenn dies keine Auswirkungen auf das Strafmaß gehabt hätte.

Das Staatsschutzverfahren dauerte 16 Verhandlungstage. 17 Zeugen und drei Sachverständige wurden gehört. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart laufen in ihrer Zuständigkeit drei weitere Staatsschutzverfahren. Zudem sind 34 anhängig, also noch nicht bei Gericht. Darunter sind acht Islamismus-Verfahren, zehn gegen mutmaßliche Kader der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und 16 gegen mutmaßliche Anhänger der tamilischen Rebellen der LTTE.