Weil ein Geldautomat unerlaubt in einer Fellbacher Spielhalle aufgestellt wurde, muss die Betreiberfirma dafür gerade stehen. Rund eine halbe Million Euro muss sie an den Staat zahlen.

Rems-Murr: Sascha Sauer (sas)

Fellbach/Waiblingen - Schnell, als sei es ein Daumenkino, durchblätterte der Richter die Überweisungsbelege. „Das sind keine Kleinbeträge“, stellte Michael Kirbach fest. Mit dem Geld wurde immer wieder ein EC-Automat befüllt, der in einer Fellbacher Spielhalle aufgestellt war. Weil dafür keine Erlaubnis vorlag, wurde die Geschäftsführerin vom Amtsgericht Waiblingen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen das Zahlungsdienste-Aufsichtsgesetz (ZAG) zu einer Geldstrafe verurteilt. Zudem muss die Betreiberfirma der Fellbacher Spielhalle an den Staat mehr als eine halbe Million Euro zahlen.

 

Durchsuchungen in Privat- und Geschäftsräumen

Die Überweisungsbelege dokumentieren es: Insgesamt 1 138 000 Euro sind innerhalb von dreieinhalb Jahren über das Geschäftskonto der Betreiberfirma geflossen. Im Zeugenstand berichtete ein Kriminalkommissar, wie die Polizei im Frühjahr 2013 bei einer Kontrolle den EC-Geldautomaten bemerkte. Bei Durchsuchungen in Privat- und Geschäftsräumen hofften die Beamten, Schriftstücke zu finden, in denen vermerkt ist, dass der Automat genehmigungspflichtig ist. Solche Dokumente wurden aber nicht gefunden. Daher fehlten dem Gericht die Beweise, dass die Geschäftsführerin vorsätzlich gehandelt hat.

Die 39-jährige Angeklagte machte keine Angaben zur Sache. Ihre Stieftochter, die als Servicekraft in der Spielhalle arbeitet, erzählte, wie der Geldautomat genutzt wurde. „Die meisten Kunden haben 100 Euro abgehoben“, sagte die 31-Jährige. Allerdings wurden immer 20 Euro des abgehobenen Gesamtbetrags als Gutschein ausgegeben. Dieser konnte nur an der Kasse der Spielhalle zur Nutzung eines der Spielgeräte eingelöst werden. „Als wir mitbekamen, dass der Geldautomat verboten ist, haben wir ihn sofort ausgeschaltet“, sagte die Stieftochter.

Der Automat hat in 13 884 Fällen Geld ausgespuckt

Zwischen Dezember 2009 und April 2013 hatte der EC-Automat in 13 884 Fällen Geld ausgezahlt. Das Terminal wurde von Mitarbeitern der Spielhalle bestückt, das Geld über den Finanzdienstleister, der den Automaten zur Verfügung gestellt hat, abgerechnet. „Meine Mandantin hat keine Provision bekommen, sondern musste eine Gebühr an den Dienstleister zahlen“, sagte der Verteidiger.

Wie weit hätte sich die Geschäftsführerin informieren müssen? Diese Frage stellte der Verteidiger immer wieder in den Raum. „In der Spielbank Stuttgart steht auch ein Geldautomat, und das ist abgesegnet von der Baden-Württembergischen Spielbanken GmbH & Co. KG, die auch dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft untersteht“, sagte er und forderte einen Freispruch für seine Mandantin.

Eine Geldstrafe für die Geschäftsführerin

Der Richter Michael Kirbach folgte weitgehend dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft und verurteilte die Geschäftsführerin zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 70 Euro. „Sie hätten für den Geldautomaten eine Erlaubnis gebraucht und sich erkundigen müssen“, sagte der Direktor des Amtsgerichts. „Gutscheine anstatt Bargeld herauszugeben, reicht nicht dafür aus, das ZAG zu umgehen.“

Zudem ordnete Michael Kirbach gegen die Betreiberfirma der Spielhalle den Verfall des Erlangten an. Weil eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 1 138 000 Euro die Firma in die Insolvenz getrieben hätte, erkannte der Richter diesen Umstand als Härtefall an. Jetzt muss die Firma 511 000 Euro – das entspricht der Höhe ihres Eigenkapitals – an den Staat zahlen. Das darf aber in einer Ratenzahlung von monatlich 15 000 Euro erfolgen.