Im Prozess um mögliche Untreue bei der LBBW Immobilien ist das Verfahren gegen einen ehemaligen Projektleiter eingestellt worden – eine weitere Schlappe für die Staatsanwaltschaft.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Prozess um mögliche Untreue bei der LBBW Immobilien ist für einen der beiden Angeklagten vorzeitig beendet. Wegen geringer Schuld hat das Landgericht Stuttgart das Verfahren gegen den ehemaligen Projektleiter gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Wie ein Gerichtssprecher bestätigte, hätten der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft dem zugestimmt. Zur Höhe der Geldauflage machte er keine Angaben. Nach der bisherigen Beweisaufnahme sei die 20. Große Wirtschaftsstrafkammer davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung mit der Zahlung beseitigt werde und die Schwere der Schuld nicht entgegenstehe. Laut dem Verteidiger beträgt die Geldauflage 8000 Euro. Eine Schuldfeststellung sei mit der auf Vorschlag des Gerichts erfolgten Einstellung nicht verbunden, betonte er; man halte den Vorwurf nach wie vor für unbegründet.

 

In dem Verfahren geht es um ein riskantes Immobilienprojekt in Rumänien, durch das der Landesbank ein Schaden von mehr als 20 Millionen Euro entstanden sein soll. Von ursprünglich vier Beschuldigten bleibt damit nur noch einer übrig, der einst für die Projektentwicklung zuständige Geschäftsführer; er weist die Vorwürfe zurück. Die Anklage gegen zwei weitere Geschäftsführer war vom Landgericht nicht zugelassen worden, was das Oberlandesgericht nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft bestätigt hatte. Bereits bei den Ermittlungen, die im Jahr 2009 mit zwei großen Razzien auch bei der LBBW begannen, hatte sich der Verdacht nur in einem von neun geprüften Vorgängen erhärtet.

Beschuldigter „schockiert“ über die Justiz

Der 33-jährige Ex-Mitarbeiter, gegen den das Verfahren jetzt nach fünf Jahren eingestellt wurde, hatte den Untreue-Vorwurf stets vehement zurückgewiesen. Er sei lediglich informell zum Projektleiter ernannt worden, habe aber zu keiner Zeit über die Durchführung des Projekts – den Bau von hochwertigen Wohnungen in der rumänischen Stadt Cluj (Klausenburg) – oder grundsätzliche Fragen entscheiden dürfen. Er habe sich stets mit seinen Vorgesetzten abgestimmt und „so gehandelt, wie es mir angewiesen wurde“. Sein Fehler sei allenfalls gewesen, dass er sich aus Unerfahrenheit „nicht alles noch mal schriftlich bestätigen“ lassen habe. Das Lehrgeld dafür sei „unfassbar hoch“ gewesen, sagte der Immobilienexperte, der mit gut 30 000 Euro Einstiegsgehalt bei der LBBW-Tochter begonnen hatte: Durch die Ermittlungen, die Anklage und den Prozess habe er massive berufliche Nachteile erlitten. Er sei bis heute „schockiert“ über das Vorgehen der Justiz gegen ihn.

Das Engagement in Cluj hatte der Ex-Projektleiter zuvor verteidigt. Es habe sich keineswegs um eine „entlegene rumänische Kleinstadt“ gehandelt, sondern um ein aufstrebendes Wirtschaftszentrum. Dort habe damals „Goldgräberstimmung“ geherrscht, die Grundstückspreise seien monatlich gestiegen.

Jaschinski verteidigt Rumänien-Engagement

Ähnlich äußerte sich als Zeuge auch der frühere LBBW-Chef Siegfried Jaschinski. Im Zuge des Ausbaus des Bereichs Projektentwicklung habe man damals entschieden, teilweise auch in Ländern „mit höheren Risiken“ zu investieren. Unter vielen geprüften Ländern sei schließlich auch Rumänien ausgewählt worden; mit Blick auf den EU-Beitritt habe man dort „große Wachstumschancen“ gesehen. Nach Beginn der Finanzkrise und der Lehmann-Pleite seien Risiken ungleich kritischer beurteilt worden. In die Vorbereitung des später aufgegeben Projekts in Cluj war Jaschinski nach eigenen Angaben nur grob eingebunden. Vor der Entscheidung im Gesellschafterausschuss habe er ein von den LBBW-Fachbereichen erarbeitetes Votum erhalten und dieses auf Plausibilität geprüft. „Man verlässt sich auf diejenigen, die zugearbeitet haben, sonst hat man keine Chance“, sagte er im Blick auf die Vielzahl von Entscheidungen. Ein Revisionsbericht zur Immobilientochter, der die Ermittlungen ausgelöst hatte, enthielt laut dem früheren Bankchef zwar „sehr, sehr viele formale Mängel“; ein materieller Schaden sei aber nicht entstanden, habe man ihm gesagt. Der Prozess wird mit der Vernehmung weiterer Zeugen und Sachverständiger fortgesetzt.