Im Rechtsstreit um seine Mails kann Stefan Mappus auf die strengen Datenschutzregeln hoffen. Diese machten es schwer, dem Land Einblick zu geben, hieß es bei der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart / Mannheim - Im Streit um die endgültige Löschung seiner Mails könnte Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) auch vor dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim Erfolg haben. Der 1. Senat unter dem Vorsitz des VGH-Präsidenten Volker Ellenberger traf nach der mündlichen Verhandlung am Mittwoch zwar noch keine Entscheidung; diese soll erst Ende dieser oder Anfang nächster Woche bekannt gegeben werden. Das Gericht ließ jedoch mehrfach Zweifel erkennen, ob es eine Rechtsgrundlage gebe für den Wunsch des Landes, die Mails zu sichern und auszuwerten. Das restriktive Landesdatenschutzgesetz müsste dazu relativ weit ausgelegt werden, was die Vertreter des Landes forderten, die Anwälte von Mappus jedoch ablehnten.

 

Gegenstand des Streits sind Daten aus dem Herbst 2010, die damals wegen technischer Probleme vorsorglich gespeichert worden waren und später in Vergessenheit gerieten. Erst im Zuge von StZ-Recherchen hatte das inzwischen von den Grünen geführte Staatsministerium die „Sicherungskopien“ im Sommer 2012 entdeckt. Kurz darauf wurden sie von der Staatsanwaltschaft sichergestellt, wo ein Teil der Mails inzwischen in den Akten zum Wasserwerfer-Prozess landete. Das Staatsministerium kenne den Inhalt der Mails bis heute nicht, betont der Anwalt des Landes in der Verhandlung vor dem VGH.

Zweck erfüllt – und damit Schluss?

In erster Instanz hatte Mappus mit seiner Klage überwiegend Erfolg. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe urteilte im Sommer 2013, die Mails müssten gelöscht werden; zuvor seien sie jedoch dem Landesarchiv als Archivgut anzubieten. Dagegen hatte das Land Berufung beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Dort geht es im Kern um die Auslegung einer bestimmten Klausel im Landesdatenschutzgesetz. Nach Paragraf 15, Absatz 4 dürfen personenbezogene Daten, die „ausschließlich zum Zweck der Datensicherung“ gespeichert wurden, nicht für andere Zwecke genutzt werden. Auf diesen Passus beriefen sich Mappus’ Anwälte in der Verhandlung: Die konkrete Aufgabe, nämlich die Sicherung der Daten, sei inzwischen entfallen. So hatte es damals auch das Verwaltungsgericht gesehen. Das Land argumentiert dagegen, es sei zur Erfüllung staatlicher Aufgaben erforderlich, die Daten zu speichern und zu nutzen.

Wie der Landesvertreter in Mannheim ausführte, spricht einiges dafür, dass zumindest Teile der Mails zu den Akten hätten genommen werden müssen. Mappus habe dies wohl pflichtwidrig unterlassen. Es könne nicht Sinn und Zweck des Datenschutzgesetzes sein, ein solches „Fehlverhalten“ zu schützen. „Was steht denn da so Furchtbares drin?“, fragte er in Richtung der Mappus-Anwälte. Der Ex-Ministerpräsident könne sich auch nicht darauf berufen, dass es keine klaren Vorgaben für die Aktenführung im Staatsministerium gegeben habe: Er sei schließlich „kein Inspektor zur Anstellung“ gewesen, sondern ein Verfassungsorgan, bei dem man eine entsprechende Kenntnis voraussetzen könne.

VGH-Präsident regt Gesetzesänderung an

Der Vorsitzende Ellenberger deutete an, dass der VGH möglicherweise eine „unbefriedigende“ Entscheidung treffen müsse. Der Wortlaut des Landesdatenschutzgesetzes sei, was die Zweckbindung angehe, „sehr apodiktisch“. Bei dem Rechtsstreit gehe es im Kern um die Frage, ob sich der enge Zweck – die Datensicherung – auf die Erfüllung staatlicher Aufgaben ausweiten ließe; dafür wäre eine Rechtsgrundlage erforderlich. Zugleich regte Ellenberger an, als Konsequenz aus dem Rechtsstreit eine Änderung des Gesetzes zu prüfen.

Der Anwalt des Landes beurteilte dies positiv. Man habe es mit einer Fallkonstellation zu tun, „an die niemand gedacht hat“. Im Wege einer Einzelfallbeurteilung sollte es aber möglich sein, auf Basis der geltenden Rechtslage die Daten zu speichern und auszuwerten, „ohne das Gesetz zu vergewaltigen“. Immerhin gehe es darum, dass ein Verfassungsorgan – der einstige Regierungschef – den Landtag als anderes Verfassungsorgan nicht an der Ausübung seiner Aufgaben hindern dürfe; es könne nicht sein, dass der zweite Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz im Schlossgarten die Mappus-Mails nur auf dem Umweg über die Staatsanwaltschaft erhalte.

Auch das Landesarchiv soll leer ausgehen

Nur am Rande ging es in Mannheim um die Frage, ob die Daten dem Landesarchiv anzubieten sind. Mappus will auch dies verhindern. Die Anbietungspflicht umfasse nur „aktenwürdige Unterlagen“, sagte einer seiner Anwälte. Dagegen sagte der Vertreter des Landes, das Landesarchiv müsse selbst entscheiden können, was es als aktenwürdig ansehe. Das Archiv hatte sich an den Mails hoch interessiert gezeigt.