Ein 22 -Jähriger aus Schwieberdingen soll einen 21 Jahre alten Mann im Streit mit acht Messerstichen lebensgefährlich verletzt haben. Er steht nun vor dem Landgericht Stuttgart.

Schwieberdingen - Die Schlägerei Anfang März dieses Jahres ist so richtig aus dem Ruder gelaufen: Letztendlich hat ein 22-Jähriger aus Schwieberdingen seinen 21 Jahre alten Kontrahenten beim Streit um ein Mädchen mit acht Messerstichen lebensgefährlich verletzt. Deshalb muss er sich nun wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Der Prozess hat am Dienstag begonnen.

 

Der Angeklagte ist schmal, geradezu schmächtig. Fast wirkt er ein wenig verloren in dem riesigen Sitzungssaal am Stuttgarter Landgericht, wo sich am Dienstagmorgen offenbar gleich mehrere Schulklassen im Zuschauerraum eingefunden haben. Der 22-Jährige räumt das meiste ein, was ihm vorgeworfen wird – nur eines nicht: dass er den Tod seines Opfers in Kauf genommen haben soll.

Laut Anklage soll sich der 22-Jährige am Abend des 6. März mit dem 21-Jährigen in Schwieberdingen getroffen haben. Die beiden hatten sich vorher noch nie persönlich gesehen, aber via Facebook hatte der Angeklagte sein späteres Opfer zuvor über Monate hinweg derb beleidigt. Anlass dafür war sein Verdacht, dass der 21-Jährige eine Affäre mit seiner Freundin gehabt habe, während er selbst im Gefängnis saß. Weil die Freundin das jedoch stets dementierte, ließ er im November 2014 von den Beleidigungen ab.

Die Situation eskalierte bei dem Treffen sofort

An jenem Abend im Frühjahr war es dann der 21-Jährige, der den Angeklagten zu einem Treffen aufforderte. Man verabredete sich in Schwieberdingen – angeblich, um die Sache zu klären. Doch die Situation eskalierte sofort. Der Angeklagte behauptete vor Gericht, sein späteres Opfer sei schnurstracks auf ihn zu gerannt und habe eine Schlägerei begonnen. Der 21-Jährige, der vor Gericht als Nebenkläger und als Zeuge auftritt, berichtete hingegen, der Angeklagte habe den Streit losgetreten.

Unklar blieb bisher auch, woher das Messer kam, mit dem der 21-Jährige verletzt wurde. Er selbst will bei der Auseinandersetzung gar kein Messer gesehen und erst Minuten nach den Stichen gemerkt haben, dass er blutete. Der Angeklagte hingegen gibt an, sein Gegner habe das Messer im Kampf gezückt, er habe es ihm abringen können, als er am Boden gelegen und der 21-Jährige auf ihm gesessen habe.

Zunächst habe er das Messer gar nicht benutzen wollen, sagt der 22-Jährige vor Gericht. Aber sein Kontrahent habe ohne Unterlass auf seinen Kopf eingeprügelt, sodass er letztlich Todesängste ausgestanden habe. Er habe sich nicht anders zu helfen gewusst als zuzustechen. Allerdings habe er extra nicht den Hals verletzt, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre – eben, weil er seinen Gegner nicht habe töten wollen. Dazu wäre es dennoch fast gekommen: Nur durch eine Not-Operation konnte der 21-Jährige gerettet werden. Unter anderem war seine Lunge durch Stiche verletzt worden.

Angeklagter ist kein unbeschriebenes Blatt

Im Zeugenstand stellte sich der 21-Jährige als äußerst friedliebend dar. Er habe an jenem Abend im März wirklich nur mit dem Angeklagten reden wollen, betonte er wieder und wieder. Allerdings tauchten im Lauf der Verhandlung immer mehr Hinweise auf, die darauf hindeuten, dass dies eventuell nicht ganz stimmt. So wurden Kurznachrichten vorgelesen, in denen der 21-Jährige an seine damalige Freundin geschrieben haben soll, er werde den Angeklagten „abstechen“ und „seinen Kiefer zerschmettern“. Zudem gaben beide junge Männer vor Gericht an, vor dem Treffen damit gerechnet zu haben, dass „etwas passieren könnte“.

Der Angeklagte ist kein unbeschriebenes Blatt: Er hat bereits sechs Einträge im Bundeszentralregister, nämlich wegen Diebstahls, Fahrens ohne Führerschein, Unfallflucht, schwerer räuberischer Erpressung, Drogendelikten und wegen versuchter Brandstiftung. Der Prozess wird am Montag, 17. August, um 9 Uhr vor dem Landgericht Stuttgart fortgesetzt.