Wegen zwei Porträtfotos in der Bild-Zeitung klagt der Vater des Amokläufers von Winnenden gegen den Springer-Verlag wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Das Gericht sieht das anders.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Stuttgart - Deutlicher kann der Hinweis eines Richters auf das Urteil während einer Verhandlung nicht ausfallen. „Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg“, sagt der Vorsitzende des 14. Zivilsenats am Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart. In Saal 12 des Gerichtsgebäudes an der Stuttgarter Olga-Straße sind die Anwälte Jörg K.s erschienen sowie der Rechtsvertreter des Springer-Verlags. Gegen diesen hat der Vater des Amokläufers von Winnenden und Wendlingen im vergangenen Jahr in erster Instanz prozessiert, weil in der „Bild“-Zeitung zwei Porträtfotos von ihm abgedruckt worden waren, die seiner Meinung nach seine Persönlichkeitsrechte verletzten. Auf den Fotos sei er durch die Pixel nicht ausreichend unkenntlich gemacht worden. Er forderte deshalb vom Springer-Verlag eine Entschädigung von 10 000 Euro. Doch eine Zivilkammer des Landgerichts wies seine Klage zurück. Nun hat er dagegen vor dem Oberlandesgericht Berufung eingelegt.

 

Der Vater sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt

Die Verhandlung am Mittwoch läuft ohne großes Medieninteresse ab. Ganz anders war es, als gegen Jörg K. die Hauptverhandlungen wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung vor Strafkammern des Stuttgarter Landgerichts in den Jahren 2010 und 2012 stattfanden. In ihrer Berichterstattung druckte die „Bild“-Zeitung am 21. Oktober 2010 und am 1. Dezember 2012 dazu je ein Porträtfoto des Angeklagten ab, das durch Pixel unkenntlich gemacht worden war. Das habe nicht ausgereicht, als dass man Jörg K. auf der Straße hätte nicht wiedererkennen können, so sein Argument, das seine Anwälte nochmals am Mittwoch vor dem OLG vortragen. „Seine Gesichtszüge sind erkennbar“, sagt einer der Anwälte. Hinzu komme, dass es seinerzeit Morddrohungen gegen Jörg K. gegeben habe.

Das Gericht sei anderer Meinung, hatte zuvor der Vorsitzende Richter in dem Hinweis des Zivilsenats ausgeführt. Der Kläger, also Jörg K., sei auf den Fotos so unkenntlich gemacht, dass er darauf nur im Kontext der Berichterstattung als der Angeklagte zu erkennen sei. Jemand, dem sein Gesicht nicht bekannt sei, könne ihn wegen der beanstandeten Fotos nicht auf der Straße als Jörg K. identifizieren, so der Senat.

Die Fotos gelten dem Gericht als „Bildnisse der Zeitgeschichte“

Weiterhin ging es um die Frage, ob die Fotos als „Bildnisse der Zeitgeschichte“ gelten, also ein Interesse der Öffentlichkeit an der Person des Klägers bestanden habe. Das sei in der Zeit der Berichterstattung der Fall gewesen, da sich der Kläger damals vor dem Landgericht wegen der gegen ihn erhobenen Straftaten im Zusammenhang mit dem Amoklauf von Winnenden und Wendlingen habe verantworten müssen. Eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte sehe der Senat nicht, eine Entschädigung komme deshalb nicht in Frage.

Ihr Mandant bestehe auf ein Urteil, auch wenn es Gerichtskosten aufwerfe, sagen die beiden Anwälte des Klägers. Der Vorsitzende wiederholt nochmals, dass ein Urteil nicht anders ausfallen werde als der ergangene Hinweis, „allerdings um einiges ausführlicher“.

Für den Anwalt des Springer-Verlags ist es ein ungewöhnlichen Gerichtstermin. „So wenig muss ich normalerweise nicht sagen“, meint Emanuel H. Burkhardt, der auf Medienrecht spezialisiert ist und darin einen Lehrauftrag an der Hochschule der Medien in Stuttgart inne hat. Dafür habe man im vergangenen Jahr in erster Instanz umso ausführlicher debattiert.

Der 4. Zivilsenat wird seine Entscheidung am 2. April verkünden. Mit Überraschungen ist nicht zu rechnen.