Der Kaufmann Theo Henselijn ist auf Breuninger schlecht zu sprechen. Der frühere Stiftungsvorstand wollte Anteile kaufen, aber dann wurde die entsprechende Zusage nicht eingelöst.

Stuttgart - Nun ist er doch noch gekommen. Nach den Erfahrungen als Zeuge vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht vor zwei Jahren sprach eigentlich wenig dafür, dass Theo Henselijn noch einmal den Weg aus den Niederlanden nach Stuttgart auf sich nehmen würde. Seine Zeugenaussage im Juni 2013 im ersten Breuninger-Prozess war ein Fiasko, weil das Gericht den 72-Jährigen nicht am Stück erzählen ließ, sondern immer wieder unterbrach, um die nächsten paar Sätze per Mikrofon fürs Protokoll aufzunehmen. So geriet der impulsive Mann, dem ein schnelles Frage-Antwort-Wechselspiel trotz guter Deutschkenntnisse nicht liegt, aus dem Konzept und fühlte sich am Ende missverstanden. So habe er damals zum Beispiel entgegen den Behauptungen keineswegs für einen Verkauf von Breuninger plädiert, sagte Henselijn am Mittwoch. Der ausgewiesene Handelsexperte präzisierte, dass er stets für eine Partnerschaft oder Kooperation plädiert habe, um Größennachteile von Breuninger auszugleichen.

 

Agnes Aderhold, die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht (OLG), hatte Henselijn zu einem zweiten Auftritt überredet, so dass das Gericht auf einen Ausflug ins Nachbarland verzichten konnte. Denn Henselijn ist unbestritten ein wichtiger Zeuge in dem Prozess, in dem der Rechtsanwalt Wolfgang Blumers auf eine Beteiligung am Kaufhaus Breuninger klagt. Henselijn gehörte einst ebenso wie Blumers und der Wirtschaftsprüfer Benno Stratmann dem Vorstand der später aufgelösten Breuninger Stiftung an. Das Landgericht hatte Blumers diese Beteiligung zugestanden. Schon am ersten OLG-Prozesstag zerriss die Vorsitzende Richterin das Urteil der Vorinstanz förmlich und machte Blumers wenig Hoffnung auf einen Erfolg in der zweiten Instanz.

Die Vorgeschichte: vor elf Jahren wollte Helga Breuninger, die Tochter des verstorbenen Chefs Heinz Breuninger, ihre gemeinnützige Stiftung, die von den Ausschüttungen des Kaufhauses lebte, von dessen Schicksal unabhängig machen. Das geschah durch die Auflösung der zwischengeschalteten (und nicht gemeinnützigen) Breuninger-Stiftung, die die Stimmrechte beim Kaufhaus ausübte. Eigentlich sollten alle fünf Vorstandsmitglieder dieser Breuninger-Stiftung das Kaufhaus übernehmen – und der Erlös an die gemeinnützige Stiftung gehen. Zum Zug kamen aber nur zwei Vorstandsmitglieder: Firmenchef Willem van Agtmael und der Jurist Wienand Meilicke. Blumers, Henselijn und Stratmann gingen leer aus – warum, das ist umstritten.

Nicht verbindliches, aber ein Gentlemen’s Agreement

Klar ist nur, dass die drei keine Einwände hatten, bei der Transaktion 2004 noch nicht zum Zug zu kommen; sie wollten dann aber zu einem späteren Zeitpunkt einsteigen. Im Fall von Blumers ist das leicht nachvollziehbar. Er war damals Partner der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz, die nicht wollte, dass sich der Jurist an einem Kaufhaus beteiligt. Ende 2004 schied Blumers bei Gleiss Lutz aus, hielt zunächst still und machte dann seine Ansprüche gerichtlich geltend. Und das Duo Henselijn/Stratmann?

Offenbar hatten die Berater von Helga Breuninger juristische Bedenken, wenn der fünfköpfige Vorstand der Breuninger-Stiftung deren Auflösung beschließt und sich anschließend dieselben fünf Leute das Unternehmen aneignen. So beschlossen alle fünf Vorstandsmitglieder die Auflösung, aber nur van Agtmael und Meilicke kauften anschließend das Unternehmen. Damit war dokumentiert, dass die Mehrheit des Stiftungsvorstands kein wirtschaftliches Eigeninteresse an der Auflösung hatte. Stiftungen werden nur selten aufgelöst, weshalb der Fall 2004 Aufsehen erregte. Genehmigt hat die Auflösung Regierungspräsident Udo Andriof, der als Zeuge geladen ist und voraussichtlich am 30. September gehört wird, nachdem der ursprünglich geplante Termin 12. Juni ausfiel.

Nicht nur Blumers, sondern auch Henselijn und Stratmann verließen sich auf die Zusage von van Agtmael und Meilicke, dass die Beteiligung noch nachgeholt wird; wohl in einem gebührenden zeitlichen Abstand zur Auflösung der Stiftung. Keiner der drei hat das aber schriftlich. Henselijn machte als Zeuge aus seiner Verachtung für die Beteiligten bei Breuninger keinen Hehl. „Wir hatten keine verbindliche Zusage, aber ein Gentleman’s Agreement. Deshalb war das eine sehr unfaire Sache. Ich will diese Leute einfach vergessen“, sagte er. Henselijn und Stratmann haben ihre Ansprüche auf eine vielleicht noch mögliche Beteiligung an Helga Breuninger abgetreten; sie glaubt, letztlich die einzige Anspruchsberechtigte zu sein. Und warum hat Henselijn das unterschrieben? „Der Notar hat gesagt, wenn Sie das nicht unterschreiben, dann schleppe ich Sie vor Gericht. Das zeigt, wie schlecht die Leute sind“, sagte er. Blumers lehnt die Abtretung ab; Helga Breuninger hat ihn verklagt.