Es ist eine schreckliche Jugend gewesen: kontrolliert, missbraucht, geschlagen. All diese Erfahrungen hat eine 18-Jährige aus dem Kreis Göppingen gemacht. Jetzt muss ihr Vater ins Gefängnis.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Ulm/Ebersbach - Er hat seiner Tochter das Leben zur Hölle gemacht. Er hat sie kontrolliert, geschlagen und missbraucht. Jetzt muss der 41-jährige Mann aus Ebersbach für sechseinhalb Jahre ins Gefängnis. Die Taten seien „nicht schön“, ja sie seien „scheußlich“ gewesen, sagte Wolfgang Tresenreiter, der Vorsitzende Richter der Elften Großen Strafkammer am Ulmer Landgericht in seiner Urteilsbegründung. Gerade wegen der Scheußlichkeit müsse man dem Angeklagten aber zugute halten, dass er in der Hauptverhandlung die Richtigkeit der Vorwürfe eingeräumt habe. Er habe damit seiner Tochter eine detailliertere Aussage erspart.

 

Es war die Beschreibung einer schrecklichen Jugend, die Tresenreiter in seiner Urteilsbegründung abgab. Immer wieder habe die Tochter, die heute 18 Jahre alt ist, die Brutalität des Vaters zu spüren bekommen. Als sie per Computer mit einem unbekannten Jungen in der Türkei gechattet habe, habe das den Vater derart geärgert, dass er das Mädchen geohrfeigt und mit einem Gürtel ausgepeitscht habe. Ohne Begleitung aus der Familie hatte es keinen Ausgang. „Für Ihre Tochter muss das wie ein Gefängnis gewesen sein“, sagte Tresenreiter. Als ein Bild des Mädchens im Internet auftauchte, holte er einen Schlagstock hervor und schlug ihr damit auf die Hand. Ein Finger brach. Dabei hatte nicht die Tochter selbst, sondern eine Freundin das vollkommen unverfängliche Bild online gestellt.

Streit und Prügel gab es auch, als die Tochter, mittlerweile volljährig, erst um 21.30 Uhr vom Bowling mit Arbeitskolleginnen nach Hause kam. „Ihre Tochter lebte in Angst und Schrecken vor Ihnen, und das wussten Sie“, sagte Tresenreiter. Immer wieder habe er dies ausgenutzt und die Jugendliche sexuell missbraucht. Dabei habe er sie einmal auch zum Analverkehr gezwungen, was sie als besonders erniedrigend empfunden habe. Das sei eine große Sünde, habe sie den Vater gewarnt. Doch der ließ nicht von der Tochter ab. Später gab es Schläge für ihre Unwilligkeit. Derweil schob der jüngere Bruder nichts ahnend vor der Türe Wache, falls die Ehefrau heimkommen sollte. Der Angeklagte sei bei seinen Exzessen immer sehr kontrolliert vorgegangen. Er habe die Zahl der Schläge vorher genannt und eben nicht in blinder Wut losgeschlagen. Manchmal habe die Tochter sogar einen Countdown herunter zählen müssen. Eine verminderte Schuldfähigkeit sei daher nicht zu berücksichtigen gewesen, sagte der Richter.

Es klinge zynisch, doch für die Tochter seien die Übergriffe „fast schon zur Routine“ geworden. Bereits im Kindergartenalter hatte sie erste Gewalterfahrungen gemacht. Weil sie nicht aufhören wollte, an den Nägeln zu kauen, habe der Vater mindestens drei Finger mit einem Feuerzeug angesengt. Der Ausbruch aus dem Leid gelang der Tochter erst mit 18 Jahren nach einem vergleichsweise harmlosen Vorfall. An diesem Abend war sie allerdings nicht nur vom Vater, sondern auch von der Mutter geschlagen worden. „Das brachte das Fass zum Überlaufen.“ Sie kam bei einer Bekannten unter und offenbarte sich der Polizei. Welche Auswirkungen all diese Erfahrungen für die Tochter, aber auch für deren Nachkommen noch haben würden, sei nicht abzusehen, sagte der Richter.