Um die meisten Preise darf gehandelt werden. Doch wie erreicht man als Kunde sein Ziel ohne den Hänlder zu verärgern?

Stuttgart - Im Supermarkt, an der Tankstelle und im Restaurant darf um den Preis gefeilscht werden. Doch das tut Otto Normalverbraucher nicht gern; oft scheint er zu schüchtern zu sein. Der Psychologe und Berater Peter Groß rät zu mehr Selbstbewusstsein und gibt Ratschläge dazu, wie man den Preis am besten drückt.

Herr Groß, wann haben Sie zuletzt gefeilscht?


Das war vor etwa vier Wochen in einem Elektronikladen. Ein Freund wollte einen Fernseher für 850 Euro kaufen und hat mich mitgenommen. Ich habe mich zuerst im Internet schlau gemacht und ihn gefragt, was er ausgeben will. Wir wussten, dass der Markt den Fernseher einige Tage vorher für 180 Euro weniger im Sonderangebot hatte. Der Verkäufer hat zuerst darauf gepocht, dass es sich hierbei um eine einmalige Sonderaktion gehandelt hat. Ich habe ihn dann gebeten, mit seinem Vorgesetzten zu sprechen. Wir haben uns dann bei 150 Euro getroffen - für ein Verkaufsgespräch von einer halben Stunde ist das ein guter Lohn.

Wie kommt es, dass Feilschen noch mit vielen Unsicherheiten verbunden ist?


Alle schimpfen über die Geiz-ist-geil-Kampagne. Keiner will geizig erscheinen. Und trotzdem machen Saturn und Media-Markt gute Umsätze. Im Gegensatz zum Orient gilt es hier als unhöflich, dass man einen Preis nicht akzeptiert. Diese Mentalität stammt aus der Ära der Festpreise, die noch gar nicht so lange her ist. Wir sind es noch heute gewohnt, unverhandelbare Preise zu haben.

Warum wird in anderen Kulturen deutlich lockerer gefeilscht?


Ich habe auf vielen Reisen in den Orient selbst erlebt, dass Feilschen großen Spaß machen kann. In vielen Ländern, beispielsweise in Indien, trifft man auch auf viele Händler, denen es ebenfalls Spaß macht und die es gar nicht verstehen, wenn man sich nicht darauf einlassen will. Es ist wie ein Spiel, ein Kräftemessen - der eine fängt ganz hoch an, der andere ganz tief, und irgendwann trifft man sich in der Mitte.

Warum gelingt es manchen, anderen nicht?


Es gibt genug Leute, die von sich behaupten, dass sie nicht handeln können. Doch eigentlich kann es jeder. Das hängt - unter anderem - mit Selbstbewusstsein zusammen. Wer das nicht hat, wird sich auch sonst schwertun im Leben, denn man muss dauernd Verhandlungen führen, das gehört zum Leben dazu. Die Angst, wie ein kleinkarierter Egoist zu wirken, ist ein großes Hemmnis. Aber die Natur des Feilschens wird nicht erkannt: es ist ein Sport, es ist der Prozess, in dem der wahre Marktwert einer Ware ausgehandelt wird. Das ist in der Wirtschaft ganz alltäglich oder zum Beispiel auch an der Börse.

Gibt es besondere Feilschstrategien?


Zuallererst sollte man nicht zu offen Interesse signalisieren. Da geht es nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage: Bei heftiger Nachfrage steigt der Preis. Ich muss also die Heftigkeit meines Interesses verschleiern. Dann ist es eine verbreitete Strategie - vor allem im Kaufhaus oder beim Autohändler -, einen Mangel zu finden und die Ware infrage zu stellen. Das muss allerdings stets rational nachvollziehbar sein. Ich muss dem Verkäufer verdeutlichen, dass er sich seine Arbeit deutlich leichter macht, wenn er diesen Artikel jetzt zu einem niedrigen Preis an mich verkauft. Er kann sich die Reklamation sparen und verdient wenigstens ein bisschen über dem Einkaufspreis. Vor allem bei Elektroartikeln ist es zudem Gold wert, wenn man sich über die Preislage informiert. Wenn ich zu Saturn gehe und mich vorher schlau gemacht habe, was der Artikel bei Media-Markt kostet, habe ich bessere Karten. Inzwischen haben fast alle Verkäufer den Spielraum, um auf solche Hinweise einen entsprechenden Rabatt zu geben.

Ist ein Verweis auf Niedrigpreise von Internethändlern sinnvoll?


Normalerweise nicht. Wenn man auf die Preise pocht, die in irgendeiner Preissuchmaschine genannt werden, wird man vom Technikmarkt-Mitarbeiter schnell daran erinnert, dass die Internethändler keinen Service anbieten und gar nicht sicher ist, ob das Angebot seriös ist. Die Preise aus den Schnäppchensuchmaschinen sind aber dennoch interessant, denn sie geben dem Verbraucher einen Eindruck davon, wie hoch die Gewinnspannen der Händler sein können. Der Verbraucher hat beim Feilschen ja immer die schwierige Aufgabe, den Preisbereich zu finden, in dem Rabatte möglich sind. Dabei geben Internetpreissuchmaschinen einen groben Anhaltspunkt und dem Verbraucher damit auch etwas mehr Selbstsicherheit.

Sollte der Kaufinteressent das Geld in bar dabei haben?


Ein altes Sprichwort sagt, dass Bargeld lacht. Und beim Feilschen lacht Bargeld tatsächlich, weil es die Gier des Gegenübers weckt. Wenn ich beispielsweise beim Gebrauchtwagenkauf mit einem Packen Bargeld komme, kann ich den Verkäufer leichter verführen. Nehmen wir einmal an, das Auto soll 11.500 Euro kosten und ich habe 11.000 Euro, abgezählt in 50-Euro-Scheinen, dabei - das ist ein ganz schönes Paket. Wenn ich dem Verkäufer die 11.000 Euro zeige, mache ich ihm gleichzeitig klar, dass ich nicht mehr Geld dabei habe. Der Verkäufer weiß: wenn er jetzt einschlägt, geht das Geld von meiner Hand in seine Hand, er ist den Stress mit dem Auto los, muss keine Anzeige mehr schalten.

Was ist erfolgversprechender: die Bitte um einen konkreten Rabatt oder die Frage, ob am Preis etwas zu machen ist?


Eine allgemeine Nachfrage nach einem Nachlass zu Beginn des Gesprächs ist sicher die bessere Idee. So gibt man dem Verkäufer die Möglichkeit, die eigenen Rabattmöglichkeiten auszuloten. Hat der Verkäufer einen Vorschlag gemacht, sollte man jedoch konkret nachlegen.

Hat beim Feilschen nur derjenige Erfolg, der aggressiv am Preis sägt?


Wenn Verkäufer offensichtlich unter Zeitdruck stehen, sollte man das nicht zu schamlos ausnutzen, denn das erzeugt im Zweifelsfall Ärger. Es gibt bei jeder Verhandlung auch Grenzen, Preise lassen sich nicht beliebig drücken. Zum fairen Umgang gehört auch, dass man es eingesteht, wenn man offensichtlich zu hoch gepokert hat. Es ist eine grundsätzliche Regel beim Feilschen: Das Gegenüber ist kein Gegner, den man in die Knie zwingen muss, sondern ein Partner, der es genau so wie man selbst auf seinen Gewinn abgesehen hat.