Beim Eiersuchen an Ostern fehlt der Spielpartner – der Osterhase kommt immer dann, wenn keiner hinsieht. Für die Entwicklung von Kindern ein wichtiges Spiel.

Leben: Ricarda Stiller (rst)

Stuttgart - Das Spiel ist eng verknüpft mit der geistigen Entwicklung von Kindern. Darin sind sich Psychologen, Pädagogen und Philosophen einig. Dazu gehört auch, Kinder an Dinge glauben zu lassen, die nicht existieren. Bei den Mythen um den Osterhasen und den Weihnachtsmann dürfen Psychologen zufolge die Eltern so lange mitspielen, solange die Kinder daran glauben wollen.

 

Eines der ganz elementaren Spiele für Kinder ist das Versteckspiel. Dieses rückt an Ostern gleich in zweifacher Hinsicht in den Fokus. Zum einen versteckt der Osterhase all seine Ostereier, Schokohasen und andere Kleinigkeiten. Zum anderen dürfen die Kinder sich auf die Suche nach den versteckten Dingen machen. Es handelt sich also gewissermaßen um ein Versteckspiel mit einem imaginären Spielpartner, dem Osterhasen.

Der Osterhase macht nicht „piep“

Bei dieser Spielvariante hilft es nicht, bis zehn zu zählen und zu rufen: „Ich komme!“ Auch kann man dem Osterhasen, der zum Zeitpunkt der Ostereisuche längst wieder weggehoppelt ist, kein „Piep“ entlocken, um sich dem Versteck zu nähern. Die Kinder sind ganz auf sich gestellt und werden Entwicklungspsychologen zufolge zunächst dort suchen, wo der Hase im vergangenen Jahr seine kleinen Präsente hinterlassen hat: im Gebüsch, hinter Blumentöpfen oder Bäumen, unter Sofakissen, hinter Vorhängen oder Türen.

In zahlreichen psychologischen Studien ist dieses Phänomen, wie Kleinkinder bei Versteckspielen denken und handeln, ausführlich untersucht worden. Schon bei 18 bis 24 Monate alten Kindern sind Anfänge logischen Denkens erkennbar. Dreijährigen können bereits Strategien vermittelt werden, wie man versteckte Sachen mit Hilfe von Markierungen wiederfindet, und bei Vierjährigen kann das Versteckspiel vollkommen umgesetzt werden. Sie können sich auch an länger zurückliegende Ereignisse erinnern.

Die Lust am Suchen

Das Thema Spiel bei Kindern und Erwachsenen beschäftigt Psychologen immer wieder. So hat etwa der deutsche Psychologe Heinz Heckhausen, ein Vertreter der Motivationspsychologie, das Spiel als einen Aktivierungszirkel beschrieben. Er stellt im Spiel der Kinder ein sich immer wiederholendes Verhältnis zwischen Spannung und Lösung fest. Der Spieler versucht im Spiel Spannungen zu erzeugen, aufrechtzuerhalten und aufzulösen. Es ergibt sich daraus eine Spannungskurve. Die spannungsreichen Elemente zu wiederholen wird als lustvoll empfunden.

Im Rausch

Bei der Ostereisuche baut sich die Spannung schon über Tage auf. Kinder beginnen zu fragen: „Wie oft muss ich noch schlafen, bis der Osterhase kommt?“ Am Morgen des Ostersonntags erreicht das Warten, das sonst nur ein Zählen bis zehn ist, seinen Höhepunkt. Die Eier sind versteckt, der Hase ist schon wieder weg.

Die Suche beginnt, die Spannung steigt weiter. Dauert die Suche zu lange, kann dies je nach Alter der Kinder unerträglich und frustrierend werden. Bei der Ostereisuche müssen nun eventuell die Eltern mit kleinen Tipps nachhelfen, weil das „Piep“ als Hilfestellung entfällt. Es kann sonst Heckhausen zufolge eine Überforderung eintreten, die sogar in eine Form von Angst umschlagen kann. Ist ein Osterei gefunden, sinkt die Spannungskurve rapide in Richtung Langeweile ab. Ein neuer Suchspielzyklus kann beginnen.

Aus diesem Kreislauf hat ein Vater übrigens ein ganz neues Spiel als Tipp zu Ostern formuliert und über das Internet verbreitet. Er nennt es „Kleinkinder veräppeln und sich darüber amüsieren“ – und er empfiehlt, die Kinder in eine Art Suchrausch kommen zu lassen, indem sie ihre gefundenen Eier zwischendurch bei den Erwachsenen abliefern müssen. Während die Kinder sich in eine andere Richtung aufmachen, um weitere Eier zu suchen, verstecken die Eltern die schon gefundenen Eier erneut. Wir sind allerdings der Meinung, dass dieses Spiel in die Kategorie „äußerst fragwürdig und nicht empfehlenswert“ fällt.