Der Sampler „Kaputtgart“ dokumentiert die aktuelle Stuttgarter Underground-Punkszene. Er enthält 19 zumeist politische Songs und erscheint in einer Auflage von 161 Stück – ein klares linkes Statement.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Während alle Altpunks auf die Eröffnung der Ausstellung „Wie der Punk nach Stuttgart kam“ warten, haben die Konzertveranstalter von Noise Massacre Shows einfach mal einen Sampler mit dem Sound des Stuttgarter Underground-Punks 2017 rausgehauen. Ohne große Ankündigung und natürlich in DIY-Aufmachung, in dem Fall mit selbst besprühter und getackerter Verpackung. Fernsehturm, Rössle und Mercedes-Stern sowie das Wörtchen „Kaputtgart“ zieren die Verpackung, drin stecken eine CD, ein Booklet mit einem Bild der ausgebombten Stadt und ein A3-Poster, außerdem natürlich viel Musik. Auflage: 161 Stück, ein „gängiger Szenecode“, sagen die Macher Amir und Remzi Rejeb. „Love Music – Hate Fascism“, lautete das Motto von Noise Massacre Shows.

 

Szene ist das Stichwort. „Die Bands auf dem Sampler kennen wir alle persönlich“, berichten die Rejeb-Brüder. Für Außenstehende mag es erstaunlich erscheinen, dass man auch aus aktuellsten Stuttgarter Aufnahmen 19 fast durchweg politische Songs kompilieren kann. „Voll sozial versagt“ von Ursus könnte man schon einmal gehört haben, die Bands Mofakette, Helmut Cool und D.V.A treten immer wieder mal in Clubs auf. Andere bleiben fast durchweg „Unter dem Radar“. Insofern ist der Sampler tatsächlich ein schönes Schaufenster in eine Szene, die Nichtmitgliedern in weiten Teilen verschlossen bleibt.

Warum eigentlich „Kaputtgart“?

„Wir wollen der Szene jetzt was zurückgeben“. Auch soll Stuttgart innerhalb dieser großen DIY-Familie mit dem Sampler jetzt eine Stimme kriegen. Denn aus den Kellern, in denen die Underground-Punkshows weiterhin mit großer Vorliebe stattfinden, dringt bislang zu wenig nach draußen, finden auch die Noise-Massacre-Shows-Leute. Die Punk-Fanzines seien schon bemustert, es gibt die Idee zu einer Bandcamp-Seite. Denn obwohl die CD als musikalisches Trägermedium wesentlich uncooler ist als Vinyl oder Tape und aus dem „Kaputtgart“-Sampler auf keinen Fall ein Sammlerobjekt werden soll, das irgendwann für 50 oder mehr Euro auf Discogs landet – die 161 Stück werden garantiert schnell vergriffen sein.

Warum eigentlich Kaputtgart? Immer wieder brächen Underground-Konzertlocations weg, sagen die Kuratoren. Selbst das Komma in Esslingen, wo viele Noise-Massacre-Shows stattfinden, hat bekanntlich Ärger mit einem benachbarten Hotel. Außerdem ist der Name natürlich ein schöner Rückgriff auf die Stuttgarter Punk-Historie. Den Begriff hatten einst Ätzer 81 in die Stuttgarter Punkmusik gebracht und der Ätzer-81-Song „Stuttgart Kaputtgart“ ist auch auf dem im September erscheinenden „Wie der Punk nach Stuttgart kam“-Sampler vertreten. Die 2017er-Version dieses Songs stammt von der (natürlich ebenfalls auf „Kaputtgart“ vertretenen) Welzheimer Band Kein Potenzial, deren Sänger in „Saufpark“ ähnlich herrlich schwäbelt wie Ätzer 81 damals.

Nicht der erste Stuttgarter Punksampler

Die Idee mit dem Sampler ist nicht ganz neu – aber auf jeden Fall vielversprechend. Vor einigen Jahren machte die alternative Nordbahnhof-/Komma-Szene mit dem „Von Heimat kann man hier nicht sprechen“-Sampler ordentlich von sich reden.

Das sei eher so die „künstlerisch angehauchte“ Ecke, finden Amir und Remzi Rejeb von Noise Massacre Shows. Auf ihrem Sampler sei Selbstgemachtes zu finden und „kein Kommerzpunk wie zum Beispiel Wizo“. Reine Punk-Sampler aus Stuttgart gibt es schon ein paar, wie auf stuttgartpunk.de nachzulesen ist – aber eben in den letzten Jahren nicht mehr.

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