Wegen Menschenhandels werden nun die mutmaßlichen Hintermänner der Flatrate-Bordelle angeklagt.

Stuttgart - Gegen neun Männer im Alter von 27 bis 40 Jahren sowie eine 23-jährige Frau hat die Stuttgarter Staatsanwaltschaft jetzt Anklage erhoben, unter anderem wegen schweren Menschenhandels. In dem Prozess wird es auch um die Arbeitsbedingungen im einstigen Pussy-Club in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) gehen. Die Ankläger hoffen, dass sie den Drahtziehern und Hintermännern der Flatratebordelle nun juristisch beikommen. In einem früheren Verfahren ist das nur bedingt gelungen: Die Bordellchefin und zwei Komplizen wurden zwar verurteilt, aber nur weil sie Lohn nicht ausgezahlt und Sozialbeiträge nicht korrekt entrichtet hatten. Menschenhandel konnte man ihnen nicht nachweisen.

Um diesen Vorwurf wird es nun vor der Wirtschaftsstrafkammer des Stuttgarter Landgerichts wieder gehen. Die Angeklagten sollen über Jahre hinweg systematisch junge Frauen aus Rumänien nach Deutschland gebracht haben, damit diese unter ihrer Kontrolle der Prostitution nachgingen- unter anderem in jenem inzwischen zwangsgeschlossenen Flatratebordell in Fellbach. Dort konnten Freier gegen einen Festpreis mit so vielen Prostituierten Geschlechtsverkehr haben, wie sie wollten.

Angeklagten bestreiten die Vorwürfe


Laut der Mitteilung der Staatsanwaltschaft hatten die beiden 34 und 36 Jahre alten Hauptangeklagten im September 2004 beschlossen, junge, meist der deutschen Sprache nicht mächtige Frauen nach Deutschland zu bringen, um sie dort anschaffen zu lassen. Im Lauf der Zeit übergaben sie das Tagesgeschäft in Bordellen in Heidelberg, Berlin-Schönefeld, Wuppertal, Kaiserslautern, Recklinghausen, Barsinghausen, Schifferstadt und Fellbach an die weiteren Angeklagten. Der 36-Jährige sei bereits im Jahr 2006 festgenommen und wegen Menschenhandels zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Der 34-Jährige dagegen habe sich nach Spanien abgesetzt und von dort aus weiterhin die Geschäfte geleitet.

Die teils durch Drohungen eingeschüchterten Frauen mussten laut der Anklage den Beschuldigten pro Woche 1000 Euro abliefern. Wer das nicht geschafft habe, sei mit Schulden belastet worden. Die täglichen Arbeitszeiten hätten bis zu 14 Stunden betragen, die Frauen hätten sogar während Krankheiten oder der Menstruation anschaffen müssen. Der Vorwurf vor dem Landgericht lautet auf "mehrfachen gemeinschaftlichen schweren Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Zuhälterei". Drei Angeklagten wird zudem vorgeworfen, Sozialversicherungsbeiträge von 2,7 Millionen Euro nicht abgeführt zu haben. Dazu kommt für den 36-jährigen ein Fall von schwerer Körperverletzung.

Die neun Männer sitzen seit März in Untersuchungshaft, die Frau ist gegen Auflagen auf freiem Fuß. Alle Angeklagten bestreiten die Vorwürfe. Die Verhandlungstermine stehen bisher noch nicht fest.