Der Bau-Prüfverband Südwest will das Image der Bauträger verbessern und setzt bei der Qualitätssicherung auf Sach­verständige.

Lokaltermin auf einer Baustelle irgendwo auf den Fildern: 'Sehen Sie die Terrassentür?' Matthias Götz zeigt auf eine große, geöffnete Glasfront, wo gerade ein Handwerker mit Schmackes diverse Kabel und Schläuche durchzieht. 'Wenn da nachher ein Kratzer dran ist, gehen spätestens bei der Bauabnahme die Diskussionen mit dem Kunden los.' Die und mögliche juristische Auseinandersetzungen erspart sich der Geschäftsführer der Steigerwald Wohnbau. Das Unternehmen hat sich genau aus diesem Grund vor einigen Jahren dem Bauprüfverband Südwest angeschlossen. Der Verein bietet seinen 60 Mitgliedern, vorwiegend mittelständische Unternehmen aus dem baden-württembergischen Wohnungsbau, eine baubegleitende Qualitätssicherung durch öffentlich bestellte und vereidigte Bausachverständige.

 

'Seitdem wir mit Sachverständigen zusammenarbeiten, verlaufen die Bauabnahmen viel harmonischer', sagt auch Eric Sauter, ebenfalls Geschäftsführer bei Steigerwald Wohnbau. Christoph Popp, Diplom-Ingenieur und Freier Architekt, kennt dafür auch den Grund. 'Bauen hat eine ganz starke psychologische Komponente', so der Sachverständige. Da seien zum einen die Kunden, die nur einmal in ihrem Leben eine Immobilie erwerben. Für die habe ein Kratzer in einem Fenster eine ganz andere Bedeutung als für einen Investor, der jedes Jahr irgendwo eine Wohnung kaufe. 'Viele Käufer fühlen sich zudem oft auch alleingelassen, weil sie nicht einschätzen können, ob sie von ihrem Bauträger angemessen bedient werden', vermutet Popp. So könne schon allein durch das Erklären eines Sachverhaltes durch eine neutrale Person viel zum Verständnis oft komplexer Bauthemen beigetragen werden - und langwierige juristische Auseinandersetzungern vermieden werden. Ein typisches Beispiel dafür seien Kratzer im Fenster eines Neubaus.

"Entweder es ist ein Mangel oder es ist keiner"

'So etwas kommt öfter vor, als man denkt', sagt der Sachverständige. Doch nicht jeder Kratzer rechtfertige gleich den Austausch eines Fensters. 'Dafür gibt es Normen, die genau festlegen, wann es überhaupt ein Mangel ist', sagt er. Beim Fensterglas kommt es zum Beispiel darauf an, wo sich der Kratzer befindet und wie tief er ist. Kratzer unter 15 Millimeter Länge, die man mit dem Fingernagel nicht spürt und die auch nur bei starker Sonneneinstrahlung sichtbar sind, rechtfertigten noch nicht den Austausch einer Fensterscheibe, erklärt der Experte. 'Trotzdem gibt es keinen Mangel erster oder zweiter Klasse. Entweder es ist ein Mangel oder es ist keiner.'

Allerdings seien die Normen für Toleranzen im Hochbau oft deutlich höher, als Laien sich das oft vorstellen, sagt er. So seien zum Beispiel im Fußbodenbereich deutlich mehr Unebenheiten zulässig, als ein guter Handwerker üblicherweise abliefert. Bei der Bauabnahme trifft der Sachverständige oft das erste Mal auf die künftigen Eigentümer. Dieser Termin ist für einen Wohnungskäufer besonders wichtig, da mit der Abnahme des Neubaus die vertraglich zugesicherte Gewährleistung beginnt. Der Bausachverständige kann bei der Abnahme als neutrale Prüfinstanz mitwirken. Auch wenn Sachverständige wie Christoph Popp vom Bauträger bezahlt werden, müssen sie in ihrer Wertung neutral bleiben. 'Ich stütze mich rein auf die technischen Sachverhalte, auch wenn das dem Bauträger nicht immer gefällt', erklärt Popp.

Dazu gehört auch, dass jeder Käufer nach erfolgter Abnahme ein Prüftestat von ihm erhält. Von einer unabhängigen Bauüberwachung profitieren aber auch die Bauträger selbst, sagt Uli Meinzer, der Vorsitzende des BPS Bauprüfverbandes Südwest. So könnten aufgetretene Mängel schon innerhalb der Bauzeit günstiger beseitigt werden. Dazu würden bereits während der Bauphase Baustellenkontrollen durchgeführt. Der Sachverständige erscheine zum Beispiel vor dem Auffüllen der Baugrube oder zu Beginn der Gipserarbeiten. Gerade in Hinblick auf den Schallschutz und auf spätere Feuchtigkeitsschäden sei es wichtig, möglichst frühzeitig Ausführungsfehler zu erkennen und zu beseitigen. Das führe letztendlich auch zu einer besseren Bauqualität, was wiede rum die Kundenzufriedenheit steigere. Und das sei gerade für die zumeist mittelständischen Unternehmen wichtig.

'Mit unserer Initiative zur Qualitätssicherung am Bau wollen wir deutlich machen, dass am Bau nicht nur gepfuscht wird, sondern auch sehr gute Qualität abgeliefert wird', so Uli Meinzer. Das sehen auch Matthias Götz und Eric Sauter so. Sie ziehen seit Jahren bei allen Bauvorhaben von der Planung bis zur Abnahme einen Sachverständigen hinzu. 'Das gibt uns ein gutes Gefühl, dass wir alles unternommen haben, eine hohe Bauqualität zu liefern', betont Eric Sauter. Dafür dürfen die Bauträger auch mit dem Logo des Bauprüfverbandes werben. 'Das ist ein nicht zu unterschätzendes Marketingargument', so Uli Meinzer.