Stuttgarter Forscher haben erstmals eine Flüssigkeit aus extrem kalten Atomen erzeugt. Bei derart niedrigen Temperaturen verhält sich Materie ganz anders als unter normalen Bedingungen.

Stuttgart - Wenn man Wasserdampf abkühlt, wird er bei 100 Grad flüssig. Was aber passiert mit einem Gas, das extrem kalt ist? Das untersuchen Forscher um Tilman Pfau vom 5. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart. Sie beherrschen die hohe Kunst, Atome auf einige Milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abzukühlen – also bis beinahe null Kelvin entsprechend -273,16 Grad Celsius. Bei solch extrem niedrigen Temperaturen bewegen sich die Atome kaum noch und verhalten sich auch ganz anders als unter normalen Bedingungen, nämlich nach den Regeln der Quantenphysik. Auf diese Weise entstehen dann sogenannte Quantengase und Quantenflüssigkeiten.

 

Nun ist es Tilman Pfau und seinen Kollegen am Stuttgarter Zentrum für Integrierte Quantenwissenschaft und -technologie (IQST) gelungen, eine neue Quantenflüssigkeit zu beobachten. Publiziert wurden diese Ergebnisse in der jüngsten Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Nature“. Ausgangspunkt der neuen Flüssigkeit waren mehrere tausend Atome des Elements Dysprosium, das zu den Metallen der seltenen Erden zählt. Werden die Atome extrem gekühlt, bilden sie zunächst ein Quantengas. Über dieses Experiment hatten die Forscher bereits im Frühjahr berichtet – ebenfalls in „Nature“.

Geheimnisvolle Quantenwelt

Nun ist den Stuttgartern ein weiterer Schritt in die geheimnisvolle Quantenwelt gelungen: Sie haben aus dem extrem dünnen Quantengas eine Flüssigkeit erzeugt, die aus ultrakalten Atomen besteht. Diese haben – wie andere extrem kalte Materie auch – ganz besondere Eigenschaften. Die supraflüssigen Tröpfchen sind extrem leicht – nach Angaben der Stuttgarter Physiker rund 100 Millionen Mal leichter als ein superflüssiges Helium-Tröpfchen gleicher Größe.

Ein solches ultrakaltes Dysprosium-Tröpfchen besteht aus wenigen tausend Atomen. Wie die Physiker berichten, verdampfen diese Tröpfchen, wenn sie zu klein werden, also eine bestimmte Menge an Atomen unterschritten wird. Dann werden sie wieder zu einem Quantengas. Quantenflüssigkeiten und ihre Übergänge zu beobachten und dabei neue quantenmechanische Erkenntnisse zu gewinnen, dürfte nun zu einem wichtigen Forschungsgebiet der Physiker werden.