Die Deutsche Bank erzielt im dritten Quartal überraschend einen Gewinn. Wie das Jahresergebnis aussehen wird, hängt aber auch vom Ausgang der zahlreichen Rechtsstreitigkeiten ab.

Frankfurt - Irgendwann, die Telefonkonferenz mit den Analysten lief schon anderthalb Stunden, musste John Cryan einräumen, dass man gar nicht damit zufrieden ist, dass Informationen aus dem Unternehmen über irgendwelche Kanäle an die Öffentlichkeit gelangen. „Wir werden diese Lücken nicht finden können“, sagte der Deutsche-Bank-Chef offensichtlich frustriert. Überraschenderweise hatte sich der Vorstandschef neben dem Finanzvorstand Marcus Schenck für diese Konferenz zur Verfügung gestellt, knapp zwei Stunden seiner Zeit dafür eingeplant.

 

Cryan konnte auch nichts anderes tun, als zu wiederholen, dass sich das größte deutsche Geldhaus nicht in einer Existenz bedrohenden Lage befindet, dass die Spekulationen über eine Kapitalerhöhung oder gar größere Probleme total verfehlt sind und dass die Deutsche Bank auf dem richtigen Weg sei, trotz der ungünstigen Umfeldbedingungen eine der großen Banken der Welt zu bleiben. Doch das wird wohl nichts daran ändern können, dass die Deutsche Bank in den kommenden Wochen und Monaten im Blickfeld der Spekulanten bleiben wird. Denn, auch das räumten Cryan und Schenck ein, die Bank kann den Ausgang der diversen Rechtsstreitigkeiten nicht beeinflussen, weder zeitlich noch in der Höhe der möglichen Strafzahlungen.

In den USA steht 14-Milliarden-Dollar-Strafe im Raum

Daher ist derzeit auch nicht absehbar, wie das Jahresergebnis der Bank ausfallen wird. Erst Mitte März nächsten Jahres, wenn die Bilanz offiziell vorgelegt wird, werde man das genau wissen, sagte Finanzchef Schenck. Bis dahin müsste man mögliche „Zusatzbelastungen“ auch noch verbuchen. Davon gibt es mehr als genug. Allein 14 Milliarden US-Dollar (12,8 Milliarden Euro) stehen aus umstrittenen Hypothekengeschäften in den USA im Raum, Cryan und Schenck hoffen, dass es deutlich weniger werden. Vorerst jedoch konnten die beiden die Analysten überraschen.

Die Deutsche Bank hat im dritten Quartal 2016 einen Gewinn vor Steuern von 619 Millionen Euro erzielt, nach Steuern belief sich das Plus auf immer noch 278 Millionen. Die Experten von außen hatten dagegen Verluste erwartet. Nach neun Monaten steht nun immerhin ein „Plüschen“ von 534 Millionen Euro in den Büchern, deutlich weniger als bei den US-Konkurrenten, aber kein Verlust wie befürchtet. Dennoch machte Cryan klar, dass man den Umbau, sprich Stellenabbau, möglicherweise noch verschärfen müsse, da nicht absehbar sei, dass sich das Umfeld – niedrige Zinsen und hohe regulatorische Anforderungen – bald verändern werde.

In einem Brief an die Belegschaft verwies der seit Juli 2015 amtierende Vorstandschef darauf, dass das Umfeld noch einmal schwieriger geworden sei: „Wir werden deshalb unseren Umbau beschleunigen und noch verstärken müssen, wie wir es ja zum Halbjahr schon angedeutet haben.“ Details ließ der Brite offen. Doch im Aufsichtsrat werden bereits Szenarien diskutiert, wie Insider berichten. Dazu zählt unter anderem eine Vollintegration des Ladenhüters Postbank. Entscheidungen dazu sind jedoch noch nicht gefallen, wie Schenck erklärte.

Wertpapierhandel macht Hälfte des Vorsteuergewinns aus

Das Tagesgeschäft zeigte sich robuster als gedacht. Gut die Hälfte des Vorsteuergewinns entfiel auf den wichtigen Wertpapierhandel. Insbesondere das Geschäft mit Anleihen boomte, denn die Volatilität an den Märkten war nach dem Brexit-Votum hoch. Die Bank verbuchte im Anleihehandel ein Ertragsplus von 14 Prozent, reichte damit aber nicht an die großen US-Rivalen heran. Cryan betrachtet den Handel weiter als Kerngeschäft. Weil die Erträge aber unberechenbar sind, könnte er den Anleihehandel in einer neuen Sparrunde weiter stutzen. Viele europäische Großbanken haben das schon getan. Die Deutsche Bank verdiente auch mit der der Fusionsberatung und in der Unternehmensfinanzierung gut, im Privatkundengeschäft und der Vermögensverwaltung standen ebenfalls schwarze Zahlen zu Buche.

Allerdings zogen die Kunden allein in der privaten Vermögensverwaltung neun Milliarden Euro ab, das meiste davon nach dem Bekanntwerden der Milliardenforderung aus den USA. Im institutionellen Fondsgeschäft flossen weitere acht Milliarden ab. Da die Bank insgesamt 1,1 Billionen Euro für ihre Kunden verwaltet, ist das ein Minus von eineinhalb Prozent innerhalb von wenigen Wochen.

Die Aussagen Cryans und die unerwartet positiven Zahlen konnten die Anleger allerdings nicht überzeugen. Die Deutsche-Bank-Aktie gab anfängliche Gewinne schnell wieder ab. Analysten lobten die steigenden Erträge und den Nettogewinn von 278 Millionen Euro, im Schnitt war ein Verlust von 600 Millionen erwartet worden. Die Kosten sinken langsam, denn der vor einem Jahr angekündigte Abbau von weltweit 9000 Stellen hat begonnen. In der Bankführung hält man weitere 10 000 Jobs für verzichtbar. Der Kapitalpuffer wurde über die Sommermonate hinweg etwas dicker. Allerdings verringerten sich die Liquiditätsreserven im dritten Quartal um 23 Milliarden auf 200 Milliarden Euro.