Deutschland hat weder Königin noch König. Und das ist auch gut so. Eine Polemik von Armin Käfer, dem Leiter des StZ-Büros in Berlin.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - „Ihre Majestät begeistert Deutschland“, behauptet die Zeitung mit den größten Buchstaben. Sie hatte sich zuvor auch nicht entblödet, dem Blatt als Zeichen der Ergebenheit einen Starschnitt beizulegen: Majestät als Poster in drei Teilen. Die Wucht der Lettern verleiht der Schlagzeile noch lange kein Gewicht. Deutschland im Queenfieber? Diese pauschale Vereinnahmung gilt nicht für die komplette Nation, nicht einmal für die Hauptstadt.

 

Der Mangel an royalem Überschwang steht in einem gewissen Kontrast zum medialen Spektakel anlässlich der königlichen Visite. Nach einer Woche elisabethanischer Huldigungen ist es Zeit für einen republikanischen Zwischenruf. Die Königin mit den schicken Hüten mag die charmanteste Uroma unter den Repräsentanten der Länder Europas sein. Vor allem aber repräsentiert sie eine unzeitgemäße Spezies: gekrönte Häupter.

Monarchie ist ein Relikt aus feudalen Zeiten

Gewiss, es gibt keinen Grund, den demokratischen Charakter des britischen Staatswesens anzuzweifeln – oder auch den anderer parlamentarischer Monarchien. In den Königreichen unserer Zeit sind die Herrschaften auf dem Thron meist ziemlich machtlos. Bestenfalls werden sie als ruhender Pol des zunehmend hysterischen politischen Betriebs wahrgenommen, verkörpern Beständigkeit und Unabhängigkeit vom Parteiengezänk, dienen als Integrationsfiguren und als Projektionsflächen nationaler Identität. Für die First Lady im Hause Windsor gilt das wegen ihrer ausdauernden Regentschaft besonders.

Gleichwohl muss die Frage erlaubt sein, wie Monarchen in eine politische Welt passen, in der die Bürger immer und überall Mitspracherechte reklamieren und sich jedwede Bevormundung verbitten – und sei es durch die von ihnen gewählten Repräsentanten. Die Monarchie ist eine antiquierte Staatsform, ein Relikt aus feudalen Zeiten. Könige sind dekorative Fremdkörper in einem politischen Universum, in dem die Volkssouveränität und die Gleichheit vor dem Gesetz zu den grundlegenden Prinzipien zählen.

Für den hohen Rang gibt es keinen vernünftigen Grund

Wer eine Krone trägt und allein wegen der Zugehörigkeit zu einer speziellen Familie Staatsoberhaupt werden kann, ist nicht Gleicher unter Gleichen. Für seinen besonderen Rang gibt es auch keinen vernünftigen Grund. Warum sollte eine Sippe, deren Ursprünge sich in den Verästelungen des Stammbaumes derer von Sachsen-Coburg und Gotha verlieren, berechtigt sein, ein Volk von 65 Millionen und 15 andere Länder zu repräsentieren? Wodurch zeichnet sich ein Kleinkind namens George Alexander Louis gegenüber hunderttausend seiner Altersgenossen aus, abgesehen von dem Umstand, Elizabeths Urenkel zu sein? Die Behauptung, so ein kleiner Kerl sei zum Staatsoberhaupt geboren, entspricht mittelalterlichem Denken.

In Monarchien herrscht das Geblütsrecht statt des demokratischen Konkurrenzprinzips – der Staat liefert sich einer Dynastie aus, er unterwirft sich den Zufällen der Genetik. Monarchen sind dem Zugriff des Rechtsstaats enthoben. Sie gelten als unverletzlich, sind somit auch nicht zur Verantwortung zu ziehen – und stehen außerhalb jeglicher demokratischen Legitimation. Eine ausgewachsene Demokratie braucht keine Repräsentanten, deren einzige Qualifikation die blaublütige Herkunft ist. Sie muss auf Stimmzettel vertrauen und mit dem Führungspersonal klarkommen, das über Kandidatenlisten und Parteihierarchien den Weg nach oben schafft. Versager gibt es hier wie dort – auch unter den Ahnen der Queen. Nur: eine Republik wird sie schneller wieder los. Oder umgekehrt, mit den Worten eines jiddischen Sprichworts formuliert: „Auch der Dummkopf auf dem Thron bleibt ein König.“