Derzeit prüft die Stadt Stuttgart eine transportable Neuentwicklung von Jenoptik. Sie könnte die Lücke zwischen den stationären Radarfallen und den mobilen Geräten in Autos schließen. Ob die Stadt das Gerät anschafft ist auch eine Frage des Geldes.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Das Rathaus intensiviert die Verkehrsüberwachung an Stuttgarts Straßen. Dazu bedient sich die Stadtverwaltung einer Neuentwicklung. Entscheidender Vorteil aus Sicht der kommunalen Tempokontrolleure: Das Gerät ist mobil, fordert aber trotzdem keinen Personaleinsatz. Der Hersteller, die Firma Jenoptik, hat es der Stadt eine Woche lang zur Verfügung gestellt. Die Testphase endet am Freitag dieser Woche.

 

Mobile Blitzer verursachen Personalaufwand

Bislang blitzt es auf zweierlei Arten vom Straßenrand. Entweder nimmt ein fest installiertes Gerät die Temposünder ins Visier, oder die Wächter der Geschwindigkeitsbegrenzung bauen eine mobile Anlage auf, sei es im Unterholz oder im Kofferraum eines eigens abgestellten Fahrzeugs. Diese Blitzer stehen aber nie allein im Straßenraum. Es ist ständig Personal vor Ort. „Das ist mit festen Einsatzzeiten verbunden“, sagt Joachim Elser, Leiter der Verkehrsüberwachung in Stuttgart. Mobil geblitzt wird nur in der Zeit von 6 bis 20 Uhr, am Wochenende bleiben die Geräte in der Garage. „Wären wir auch nachts damit im Einsatz, würden uns tagsüber die Ressourcen fehlen.“

Um diesem Dilemma zu entgehen, testet Elsers Abteilung diese Woche eine Neuentwicklung. Die Blitzanlage ist dabei auf einen Anhänger montiert und kann rasch an einen anderen Einsatzort gebracht werden. So viel Flexibilität geht allerdings auf Kosten des Designs. Gehen die ansonsten in Stuttgart gebräuchlichen Radarsäulen optisch unter, ist das nun getestete Gerät nur schwerlich zu übersehen. Mausgrau und von den Abmessungen eines Altglascontainers ist es schon von Weitem am Straßenrand auszumachen. „Da ist viel teure Technik drin, die muss geschützt werden“, erklärt Elser die Wuchtigkeit des Geräts.

Schwerpunkt der Kontrollen in Wohngebieten

Über das Wochenende war es an der Planckstraße im Osten im Einsatz, seit Montag steht es an der Cannstatter Straße. An der Steigungsstrecke im Osten, auf der ein Tempolimit von 40 Kilometern in der Stunde gilt, gebe es „eine durchschnittliche Quote an Temposündern. Aber wir haben zuletzt Hinweise bekommen, dass nachts zu schnell gefahren wird“, erklärt Elser den ersten Einsatzort. Grundsätzlich liege der Schwerpunkt der mobilen Geschwindigkeitsüberwachung in Wohngebieten, wo es um den Schutz von Anwohnern und Passanten gehe.

Ob tatsächlich schon erste Temposünder ins Netz gegangen sind, konnte Elser Anfang der Woche noch nicht sagen. „Dazu müssen erst die Speichermedien des Geräts ausgelesen werden.“ Eine automatische Übermittlung der Dateien in die Behörde findet nicht statt. Verwertbar ist das eventuell aufgenommene Material allerdings auf jeden Fall. Das Gerät, wiewohl von der Stadt nur testweise betrieben, hat den offiziellen Segen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Die Braunschweiger Behörde ist unter anderem für die Zulassung solcher Geräte zuständig.

Neue Geräte sind teuer in der Anschaffung

Die Neuentwicklung sei grundsätzlich so ausgelegt, dass sie in beide Fahrtrichtungen den Verkehr überwachen könne, sagt Elser. „Das ist allerdings davon abhängig, wie viel ,scharfe‘ Messeinsätze zur Verfügung stehen“, erklärt Elser. Rund 100 000 Euro koste das Gerät ohne die Einsätze, jeder davon schlage mit zusätzlichen 50 000 Euro zu Buche. Immerhin: Die Einsätze sind so genormt, dass sie auch in die stationären Blitzsäulen an Stuttgarts Straßen integriert werden können. Ob die Stadt sich dauerhaft einen Radaranhänger anschafft, soll nach Auswertung der Testwoche entschieden werden.

Stuttgarts strenger Blick auf Temposünder

Im Jahr 2016 hat es an Stuttgarts Straßen ein wahres Blitzlichtgewitter gegeben. Allein an den stationären Anlagen tappten nicht weniger als 330 833 Autofahrer in die Radarfallen. Damit waren im Jahr 2016 so viele Geschwindigkeitsverstöße auf dem Stuttgarter Straßennetz registriert worden wie noch nie zuvor. Zusätzlich dazu kommen noch 108 250 Verstöße, die von mobilen Anlagen registriert worden sind.


Derzeit gibt es 20 Standorte, an denen theoretisch 34 Messstellen betrieben werden könnten. Die Stadt beteuert, nach dem Ultima-Ratio-Prinzip“ zu verfahren und nur an Standorten zu kontrollieren, „an denen Verkehrsunfällen, die auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen sind, mit baulichen Maßnahmen nicht nachhaltig entgegengewirkt werden kann“.