Exklusiv Minister Bonde hat per Erlass die Forstämter aufgefordert, Radrouten auf Waldwegen auszuweisen, die schmaler sind als zwei Meter. Zudem sollen zehn Prozent der Radstrecken im Land über unbefestigte Wege führen. Dafür soll es Zuschüsse geben. Grundsätzlich bleibt die Zwei-Meter-Regelung aber bestehen.

Stuttgart - Das Radfahren ist in Baden-Württembergs Wäldern weiterhin nur auf Wegen erlaubt, die breiter sind als zwei Meter. Mit dieser Entscheidung des Petitionsausschusses des Landtags ist der Versuch der Radfahrerverbände gescheitert, die Zwei-Meter-Regelung zu kippen. Dennoch wird es bald mehr sogenannten Single Trails, also Radstrecken auf schmalen, unbefestigten Wegen im Land geben. Der Forstminister Alexander Bonde (Grüne) stellt Geld für Planung und Ausschilderung bereit, vor allem in den Verdichtungsräumen Stuttgart, Heidelberg und Karlsruhe oder bei Nachfrage im ganzen Land.

 

Land gibt Zuschuss für Mountainbike-Strecken

Kommunen, die in diesen Gebieten Single Trails als naturnahe Walderholung ausweisen, erhalten einen Zuschuss für 50 Prozent der Konzeptions- und Umsetzungskosten – sofern die EU zustimmt und kofinanziert. „Wir haben einen neuen Fördertatbestand im Bereich nachhaltige Waldwirtschaft geschaffen“, sagt Karl-Heinz Lieber vom Landesbetrieb Forst BW gegenüber der StZ. Der Antrag sei jetzt im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) in Brüssel eingereicht worden.

Auch in den sieben Naturparks, die immerhin ein Drittel der Landesfläche einnehmen, werden weitere anspruchsvolle Radrouten auf unbefestigten Wegen entstehen. Die Naturparks fördern ebenfalls mit 50 Prozent die Neuausweisung als touristische Attraktion. Zudem erhalten die Naturparks in der neuen EU-Förderperiode mehr Geld, der Etat steigt von 2,1 auf rund drei Millionen Euro.

Minister Bonde will zehn Prozent Singletrail-Strecken

Bonde hat auch eine Zielmarke vorgegeben: Zehn Prozent der Radstrecken im Land sollen als Single Trails ausgewiesen werden. Per Erlass hat der Minister jetzt die Forstämter angewiesen, lokale und regionale Initiativen bei der Ausweisung neuer Strecken auf schmalen Pfaden aktiv zu unterstützen. Auch die sogenannten Rückgassen, unbefestigte Wege, auf denen gefällte Bäume aus dem Wald gezogen werden, könnten dafür frei gegeben werden. „Wir können damit einiges bewegen“, sagte jüngst Freiburgs Forstpräsident Meinrad Joos vor Bürgermeistern bei einer Tagung an der Forsthochschule Rottenburg.

Zwei konkrete Projekte sind bereits in Arbeit, berichtet Roland Schöttle, der Geschäftsführer des Naturparks Südschwarzwald. Zum einen soll ein „Gipfeltrail“ Feldberg (1493 Meter), Herzogenhorn (1415), Belchen (1414) und Schauinsland (1284) verbinden. Die rund 114 Kilometer lange Strecke führt über gut 2000 Höhenmeter und soll 2015 ausgeschildert sein. Ganz Sportliche können diese schweißtreibende Tour – hier wird der Anteil von Single Trails mindestens 30 Prozent betragen – an einem Tag schaffen, sagt Schöttle. Die anderen könnten es an zwei Tagen gemütlicher angehen lassen. Derzeit laufen die Gespräche mit dem Naturschutz und dem Schwarzwaldverein, denn klar ist auch: neue Wege werden nicht gebaut. Vielmehr werden die Single Trails auf Wanderwegen ausgewiesen, an schwierigen Passagen Wanderer und Radler zur Rücksichtnahme aufgefordert oder eine Umfahrung für die Radler ausgewiesen. Das Ziel sei, zehn Prozent des 8500 Kilometer umfassenden Radwegenetzes im Naturpark Südschwarzwald über Single Trails zu führen.

Baiersbronn plant MTB-Routen durch Nationalpark

Das zweite Projekt entsteht gerade in Baiersbronn. Dort sind bisher – außer dem 450 Kilometer langen Fernweg Bike-Crossing von Pforzheim nach Bad Säckingen – noch gar keine Mountainbikerouten ausgeschildert, sagt Patrick Schreib, der Chef der Baiersbronn Touristik. Jetzt sollen bis 2015 vermutlich neun Routen zu einem Netz verbunden werden mit einer Gesamtlänge von etwa 400 Kilometern. Einige werden auch durch den Nationalpark Schwarzwald führen. Eine erste, zehn Kilometer lange Strecke rund um den Baiersbronner Hausberg Stöckerkopf ist bereits ausgeschildert. „Das ist eine attraktive Strecke mit einem Single- Trail-Anteil von 60 Prozent und Slalomfahrten um Bäume“, sagt Schreib.

Hilfe bei der Konzeption und Planung neuer Mountainbike-Strecken bietet das Mountainbike-Handbuch, das Minister Bonde bereits im Frühjahr vorgestellt und nun zusammen mit dem Erlass an alle unteren Forstbehörden verschickt hat. Diesen Leitfaden hat die Sporthochschule Köln erarbeitet, gemeinsam mit der Schwarzwald Tourismus GmbH, den beiden Schwarzwald-Naturparks, dem Schwarzwaldverein, dem Landesbetrieb Forst BW und der Universität Freiburg. Der Naturpark Südschwarzwald hatte bereits vor zehn Jahren in Zusammenarbeit mit der Kölner Sporthochschule ein erstes Mountainbike-Handbuch vorgelegt, erinnert Professor Ralf Roth. Inzwischen seien die Ansprüche der Radler gestiegen, aufgrund der steigenden Nachfrage sei aber auch eine Besucherlenkung nötig. Der Schwarzwald sei laut einer Umfrage mehrerer Radsportmagazine das beste Bike-Revier in Deutschland. Roth stellt klar: „Es geht nicht um Sport- oder Downhill-Strecken, sondern um attraktive, erlebnisreiche und auch fahrtechnisch anspruchsvolle Strecken.“ Roth und Schöttle lobten insbesondere den Schwarzwaldverein, der sich dieser gemeinsamen Nutzung von Wanderwegen geöffnet habe.

DIMB-Initiative kritisiert Ablehnung der Petition

„Wir wollen möglichst alle Interessen der Waldnutzer berücksichtigen: die der Wanderer und Spaziergänger, Radfahrer, Jäger, Eigentümer und aller, die den Wald nutzen und genießen“, hatten die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Beate Böhlen (Grüne), und ihr Stellvertreter Norbert Beck (CDU) ihre Ablehnung der Petition begründet. Immerhin etwa 58 200 Unterstützerunterschriften hatten die Radfahrverbände gesammelt. Die Ablehnung sei „eine schallende Ohrfeige für alle Mountainbiker in Baden-Württemberg“, kritisiert Heiko Mittelstädt, der Sprecher der DIMB (Deutsche Initiative Mountain Bike). „Statt sich für eine Liberalisierung und vor allem Entbürokratisierung des Betretungsrechts einzusetzen, schiebt man die Verantwortung an Kommunen und Verbände vor Ort ab.“ Mittelstädt glaubt nicht daran, dass sich nun durch den Erlass etwas bewege. Schließlich hätten die Forstämter seit Jahren die Ausweisung neuer Wege blockiert, auch bisher seien Ausnahmen möglich gewesen, allerdings nur auf dem Papier.