Für den Verkehrsclub Deutschland ist die die neue Trasse des Neckartalradwegs durch die Innenstadt genauso gefährlich wie die alte am Neckarufer. Außerdem ist sie für Berufspendler zu langsam.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Das Bessere ist der Feind des Guten. Und Dirk Rupp, der Kreisvorsitzende des ökologisch ausgerichteten Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und ehemaliger grüner Stadtrat, lässt keinen Zweifel daran, dass er den jüngst eingeweihten neuen Fahrradtunnel im Esslinger Westen für sehr gut hält. Das war es dann aber auch schon.

 

Vom Stadtrat ist Rupp gewissermaßen zum Stadtradler geworden, und bei einer kleinen Rundtour zeigt er nicht nur, dass die neue Strecke noch verbesserungswürdig ist, sondern dass das Konzept für ihn generell nicht stimmt.

Er unterscheidet zwischen drei Hauptgruppen von Radlern: Die starken Berufsradler, die zu hunderten morgens und abends den alten Neckartalradweg nutzen, um zum Daimler zu fahren, die schwachen Radler, die gelegentlich das Rad zum Einkaufen nutzen oder zum Sport und die touristischen Radler.

Für ihn sind die Berufsradler die wichtigste Zielgruppe der kommunalen Verkehrsplanung, weil sie es seien, die den echten Umstieg vom Auto auf den Drahtesel vollzögen.

Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer, die alte Route des Neckartalradwegs, die direkt am Ufer entlang ging, war zwar eng und konfliktträchtig für Fußgänger und Radfahrer, aber sie war der direkte Weg. Der neue Weg, der über die Unterführung durch die Stadt führt, sei für die schnellen Berufspendler nicht geeignet.

Mehr als die Hälfte nimmt den alten Weg

Den Beweis tritt Dirk Rupp an der Abzweigung zwischen dem altem und dem neuem Radweg an, dort wo der Rossneckar in den Neckar mündet. Eine Familie radelt vorbei, der Sohn fragt, „geht es jetzt nicht links?“ Der Vater meint, „weiß nicht“ und fährt die alte Route. Ein älterer Mann findet den neuen Tunnel „sehr geschickt“. Ein Paar will heute noch nach Besigheim, auch sie sind auf der alten Trasse unterwegs, weil sie so in ihrer Karte eingezeichnet ist. Gruppen von Joggern und von Radlern kommen vorbei, ein bisschen mehr als die Hälfte der Radfahrer entscheidet sich für den alten Weg.

Die Stadt hat sich den Tunnel eine halbe Million Euro kosten lassen, er ist schön gestaltet und mündet in einen breiten Weg bis zur Schlachthausstraße. An der ersten Ampel hält Dirk Rupp an. „Die Stelle ist total unübersichtlich“, schimpft er. Meistens parkten dort Lieferwagen, dann sehe man so gut wie gar nichts. In der Fleischmannstraße geht es zweimal rechts vor links, schließlich geht es über den Bahnhofsplatz. Kinder spielen, Rentner schlendern, Familien halten sich auf, Menschen rennen zur S-Bahn. Es ist eigentlich klar, dass kein Radfahrer mit gutem Gewissen schneller als Schritttempo fahren kann.

Vier Ampeln in der neuen Route

Rupps Fazit: „In der neuen Route liegen vier Ampeln, und es lauern etliche Gefahren, außerdem ist sie länger.“ Die alte Strecke sei für Berufspendler besser gewesen, meint er, trotz der Enge. Für ihn hat die Stadt Esslingen das Pferd beim Schwanz aufgezäumt. Erst hätte man eine Route für die schnellen Radler schaffen müssen, dann hätte man den Weg durch die Stadt schlagen müssen. Zwar hat die Stadt hier zugesagt, den Weg zu verbessern, aber das hätte passieren müssen, bevor man die alte Strecke sperrt, findet Dirk Rupp: „Da müssen die Radfahrer jetzt ein Stück weit schieben.“

Immerhin, zur Zeit plant die Landesregierung einen Radschnellweg von Stuttgart nach Plochingen. Dann könnte der VCD die schnelle Trasse wieder erhalten, die er jetzt für die pendelnden Radfahrer fordert.