In gut 30 Jahren sollen 85 Prozent weniger Autos fahren als heute. Das fordert die Jugendorganisation der Grünen. Sie beruft sich dabei auf ein Gutachten der Baden-Württemberg Stiftung.

Stuttgart - Die Grüne Jugend in Baden-Württemberg macht sich für eine radikale Abkehr vom Auto stark. Bis zum Jahr 2030 soll die Anzahl der Pkw um 30 Prozent verringert werden, im Jahr 2050 soll der Bestand sogar um 85 Prozent zurückgehen. Die Nachwuchsorganisation der Grünen fordert die Landesregierung auf, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, damit dieses Ziel erreicht werden könne. Die verbleibenden Autos müssten zudem komplett emissionsfrei sein, heißt es in einem Antrag der Grünen Jugend für den Landesparteitag der Grünen im Dezember, der dieser Zeitung vorliegt.

 

Gutachten zur nachhaltigen Mobilität

Ihre Forderung stützt die Grüne Jugend auf ein von der Baden-Württemberg Stiftung finanziertes Gutachten, das an diesem Montag öffentlich vorgestellt wird. Die Studie „Mobiles Baden-Württemberg – Wege der Transformation zu einer nachhaltigen Mobilität“ wurde vom Landesverband des BUND initiiert. Darin heißt es, dass die Klimaziele, namentlich die Absenkung der direkten CO2-Emissionen im Straßenverkehr nur durch drastische Reduzierung des Pkw-Bestands erreicht werden könnten. Mit einem Anteil von 32 Prozent gilt der Verkehr als der größte CO2-Emittent, gleichzeitig ändere sich im Verkehr am wenigsten. Sänke die Zahl der Autos jedoch wie vorgeschlagen, sollten die Kohlendioxidemissionen im Jahr 2030 um 42 Prozent und 20 Jahre später um 100 Prozent zurückgehen.

Ohne Verzicht auf das Auto geht es nach Ansicht der Vorsitzenden der Grünen Jugend, Lena Schwelling und Marcel Roth, nicht. „Es wird nicht reichen, die Verbrennungsmotoren durch Elektroantriebe zu ersetzen. Die Autos müssen von der Straße“, fordert Marcel Roth. Würden die Verbrennungsmotoren eins zu eins ersetzt, wäre das Stromnetz überlastet.

Auto als Relikt des 20. Jahrhunderts

„Die Studie bedeutet eine Abkehr vom Auto, wie wir es heute kennen. Das ist richtig. Das Auto ist ein Relikt des 20. Jahrhunderts“, ergänzt Lena Schwelling. Jetzt will die Grüne Jugend der grün-schwarzen Landesregierung Dampf machen. Schwelling hat „Sorge, dass die Landesregierung die Studie nicht mutig genug anpackt“. In ihrem Antrag an den Landesparteitag erklärt der Parteinachwuchs, die Landesregierung dürfe auch „vor drastischen Maßnahmen und Einschnitten, wie temporären Fahrverboten, hohen Maut- und Parkgebühren, höheren Steuern und Tempolimits nicht zurückschrecken“. Diese in der Studie benannten Maßnahmen müsse die Regierung „schnellstmöglich umsetzen“. Gleichzeitig müssten der öffentliche Personennahverkehr und das Radwegenetz ausgebaut werden.

Auch für die Sondierer einer Jamaikakoalition in Berlin sollte die Studie Richtschnur sein, meint Lena Schwelling. „Es kann da für Grüne keine Kompromisse geben. Wenn die Sondierer einknicken, sehe ich nicht, wie wir einer solchen Koalition zustimmen könnten“, sagt die Landeschefin der Grünen Jugend.

Arbeitszeit reduzieren

Die Auswirkungen der radikalen Mobilitätswende und der Digitalisierung auf die Arbeitsplätze will die Grüne Jugend durch verkürzte Arbeitszeiten entschärfen. Bei ihrer Landesmitgliederversammlung im November haben sich die jungen Grünen darauf verständigt, dass sie die 28-Stunden-Woche als Norm anstreben wollen – ähnlich wie es die IG Metall angeregt hat. Marcel Roth erwartet, dass die Grünen und die Landesregierung die Frage der Arbeitsplätze in die gesellschaftliche Debatte einbringen: „Sonst besteht die Gefahr, dass die Demagogen den Wegfall von Arbeitsplätzen instrumentalisieren“.