Spaß für alle Altersgruppen: der Rapper RAF Camora ist im Wizemann in Stuttgart aufgetreten

Stuttgart - Zu Karrierebeginn konnte man den Künstlernamen von Raphael Ragucci noch als Provokation verstehen. Aber man muss Ragucci irgendwie auch verstehen: Wer in der beschaulichen Schweiz als Sohn österreichisch-italienischer Eltern geboren wird, muss sich schon was einfallen lassen, um aufzufallen – in der Rapszene erst recht. RAF Camora also: Während ältere Jahrgänge hier Anspielungen auf deutschen Linksterrorismus der siebziger Jahre und italienisches Mafiatum herauslesen, ist das ganze für jüngere Hörer nicht mal mehr ein diffuses Echo aus der Vergangenheit. Heutige Kids jedenfalls reagieren auf diese Reizwortkombination erst gar nicht – auf die Musik des 33-jährigen Überfliegers, der einst mit französischem Rap startete, allerdings umso mehr.

 

Mit einem Raben als Markenzeichen segelt RAF Camora seit rund fünf Jahren von einem Karrierehoch zum nächsten. Los ging’s 2013 mit seinem Album „Hoch 2“. Richtig gut läuft auch das Konzertgeschäft. Rappelvolles Haus allenthalben – auch bei seinem Gastspiel in Stuttgart zog Camora rund eintausenddreihundert Fans ins ausverkaufte Wizemann. Ein Zusatztermin am 28. Januar im LKA ist überdies bereits angesetzt.

Gentleman war Jugendidol

Angereist ist Camora ins Wizemann mit dem üblichen DJ und Keyboarder an seiner Seite, der ihn mit Beats und Elektronik von der Festplatte versorgt, aber auch mit einer richtigen Band. Okay – einer halben Band: Als „Twin Towers“ ergänzen ein Gitarrist und ein Drummer die Sounds von Laptop und PC um mal unauffällige, mal explizite Saitenklänge und Grooves aus dem Naturschlagzeug. Alles zusammen kombiniert Dancehall-Elemente mit klassischen Deutsch-Rap-Tugenden und beschert ordentliche Feierstimmung im Wizemann. Kaum ein Fuß, der bei Hits wie „Palmen aus Plastik”, „Vienna“ oder „Gotham City“ nicht wippte, kaum eine Hand, die nicht im Takt wedelte.

Der Einfluss von Camoras Jugendidol, dem deutschen Reggaemusiker Gentleman, ist deutlich herauszuhören, doch ist Camoras Musik eher eine Fortsetzung des reggaenahen Gentleman-Stils mit den Mitteln der Moderne: Alles klingt technoider, wogt und pulsiert breit und quirlig statt nur gemütlich zu schunkeln und verdichtet sich zu einem Sound, der schon mal die Hosenbeine vibrieren lässt. So zeigt sich RAF Camora als Mann mit zwei Gesichtern: hier der schwarze Rabe, der scharfe Blicke auf diese Gesellschaft wirft, dort der Businessprofi, der geschäftstüchtig den Gutelaunebären gibt. RAF Camora kann ohne Frage den Gesellschaftskritiker, den Schwerenöter, den Frauenversteher und den großen Bruder geben – alles gleichzeitig passt aber nicht recht unter einen Hut.