Die OB-Kandidaten haben um die Wette plakatiert. Als Bürger weiß man angesichts ihrer Sprüche nur eines sicher: Erst hinterher ist man schlauer.

Stuttgart - Neulich begegnete mir in der Stadt ein Riese aus Pappe: „Ein Bürger als Oberbürgermeister“! Noch kolossaler wäre es nur gewesen, wenn sich ein Ober als Oberbürgermeister beworben hätte. Der könnte bei einem Rundgang alle Wählerwünsche aufnehmen. Doch leider verhält es sich mit der Bestellung im Wirtshaus wie mit hundsgewöhnlichen Wahlversprechen: Manchmal bekommt man etwas völlig anderes, als man geordert hat. So landete kürzlich auf einem Nachbartisch statt der bestellten Gnocchi ein Lachs, was der verdutzte Gast mit Fassung trug.

 

Wesentlich inhaltsreicher ist da schon ein anderer Kandidat, der von der Leinwand herab behauptet: „Mir geht’s um Stuttgart.“ Ja, um Himmels willen, welch gnadenlose Überraschung! Dem Mann geht es als künftiger Ober, Pardon Bürgermeister, um Stuttgart und keineswegs um Berlin oder Brüssel und schon gar nicht um eine sanfte Landung in den Vorruhestand. Also bitte keine Unterstellungen, dem Mann geht’s um uns alle, und deswegen kann man ihm nur die Daumen drücken. Nicht, dass er am Abend des 7. Oktober ganz grün im Gesicht vor den Kameras steht und verkniffen zugeben muss: „Mir geht’s gar nicht gut.“

Hanneskannes und der Alte

Man kann sich wirklich leicht den Magen verderben – selbst an einer Brezel. Vielleicht knetet künftig aber auch ein anderer Bäcker den Teig am Rathausofen. Der Mann ist knusprige 32 Jahre alt, unter seinem Foto steht dieser Dreisatz: „Stuttgart bewahren, gestalten, verändern.“ Das ist zweifelsohne der frechste und flippigste Werbespruch aller Kandidaten, und er macht deutlich, wie außergewöhnlich und wie anders dieser Hanneskannes ist und dass da endlich mal einer kommt, der dem Establishment rechts, vor allem aber links eine an die Backe knallt.

Bewahren, gestalten, verändern. Davon hat schon einmal ein großer Rebell gesprochen: „Es gilt, den Wandel verantwortungsbewusst zu gestalten – und dabei zu bewahren, was sich bewährt hat und zu verändern, was den veränderten Zeiten nicht mehr entspricht.“ Ach ja, genau, das war gar nicht von Hannes Rockenbauch, das war von Helmut Kohl.

Der Alte war immer nah bei den Menschen. Nicht so nah allerdings, wie jene Dame, die sich bevorzugt in Schwarz-Weiß am Straßenrand präsentiert: Sie ist „Nah. Näher. Am nächsten.“ Das ist endlich mal eine Botschaft, die keine Fragen offen lässt: Zwischen Stuttgart und diese Frau passt kein Laugengebäck, da bekommt jeder genau das, was er vorher bestellt hat. Vielleicht ja schon beim nächsten Mal.