Stuttgart hat es schriftlich: die Stadt ist die Nummer eins bei den Staus. StZ-Kolumnist Erik Raidt sieht eine Lösung: das Huckepack-System.

Stuttgart - Was in und durch Stuttgart alles läuft und fließt: der Nesenbach, der Neckar, seit 125 Jahren Dinkelacker-Bier, seit Kurzem wieder bei vielen Allergikern die Augen und die Nasen – der Frühling ist einfach zum Heulen schön. Was in Stuttgart hingegen überhaupt nicht läuft ist: der Autoverkehr.

 

Das hat uns nun ein amerikanisches Verkehrsdaten-Unternehmen namens Inrix schriftlich gegeben. Wenn es in Deutschland um Staus geht, kann uns niemand das Mineralwasser reichen. Die Stuttgarter stehen pro Jahr allein in ihrer Stadt gut 65 Stunden lang im Stau – deutlich abgeschlagen folgen Köln, Hamburg und Düsseldorf. Und auch europaweit stockt und steht Stuttgart im Spitzenfeld: Platz 5 in der Bremsklotzliste– noch vor Mailand und Paris. Wenn Stuttgart mal wieder einen neuen Werbeslogan braucht, könnten wir auf die simpelste Weise punkten: „Wir können alles – auch warten.“

Das große Röhren

Stuttgart ist eine magische Stadt: Immer wieder verschwinden Teile der Wirklichkeit durch Löcher in den Untergrund. In der Fachliteratur ist das Phänomen als „Das große Röhren“ bekannt. Wenn Stuttgart mit sich selbst verkehrt, werden als Erstes Tunnel und Gewölbe geplant, koste es, was es wolle. Autos: ab in den Rosensteintunnel. Züge: runter in den Tiefbahnhof. Flugzeuge: mal schauen, was uns als Nächstes einfällt. In dieser Stadt sind Hexenmeister am Werk, die den Verkehr schwuppdiwupp im Untergrund verschwinden lassen: Klappe zu, Affe tot, Auto weg. In Staucity soll der Verkehr künftig in die Tiefe abfließen.

Dabei gibt es Alternativen. Vor allem das Mobilitätskonzept der gemeinen Erdkröten hat sich als besonders fortschrittlich erwiesen: Die paarungsbereiten Männchen springen auf den Rücken der Weibchen und lassen sich von diesen im Huckepack-System zu den Laichgewässern tragen. Das Transportsystem ist im Sinne der Emanzipation als rückständig zu kritisieren, aber es bringt eindeutig mehr Platz auf der Straße. Weil es dadurch zu weniger Krötenstaus auf den Straßen kommt, gewinnen die Kröten deutlich an Lebensqualität. Und auf viel befahrenen Straßen auch an Lebenszeit – nicht jede Kröte kann schließlich auf einen mit einem Eimer bewaffneten Umweltschützer als Verbündeten setzen.

S-Klasse nimmt Lupo huckepack

Von der Natur aus dem Tümpel lernen heißt siegen lernen. Warum sollte es einer ausgewachsenen S-Klasse künftig nicht auch möglich sein, einen kleinen VW-Lupo huckepack zu nehmen, ganz über Konzern- und Markengrenzen hinweg? Dank diesem rollenden Doppelwhopper hätten wir weniger Staus auf unseren Straßen. Stuttgart braucht weniger Röhren, Stuttgart braucht mehr Quaken.

Verrückte Grüße, Erik Raidt