Die Polizei berichtet regelmäßig von herrenlosen Koffern. StZ-Kolumnist Erik Raidt fragt sich, weshalb nie von damenlosem Gepäck die Rede ist, und was passiert, wenn ein Hund seiner Besitzerin abhanden kommt: Ist er dann frauchenlos?

Stuttgart - Ein Koffer hat in Stuttgart sein Herrchen verloren. Der Fall ereignete sich am Dienstagmorgen im Eingangsbereich des Hauptbahnhofs, wie die Bundespolizei mitteilte, die sich umgehend um den Koffer kümmerte, der zunächst kaum zu trösten war. Aus Gründen der Rücksichtnahme auf das Gepäckstück sperrte die Bundespolizei den Eingangsbereich ab und untersuchte es eingehend.

 

Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall. Immer wieder werden laut Polizeimitteilungen „herrenlose Koffer“ gefunden, es scheint so zu sein, dass Damen praktisch nie mit Koffern reisen. Und falls doch, werden sie von männlichen Trägern begleitet, die vorübergehend als Besitzer der Koffer anzusehen sind. Andernfalls müsste die Bundespolizei einen „damenlosen Koffer“ melden, falls der Träger den Koffer der Frau versehentlich irgendwo vergisst. Die Sache wird dadurch keinesfalls unkomplizierter, dass sich in einschlägigen Kreisen auch Herrenhandtaschen einer gewissen Beliebtheit erfreuen: Was passiert, wenn eine Frau die Herrenhandtasche ihres Gatten vorübergehend beaufsichtigt und sie im Bahnhof auf einer Bank vergisst? Die Polizei müsste eine herrenlose Herrenhandtasche vermelden, deren Verlust jedoch in Wahrheit einer Frau zuzuschreiben ist.

Geflohen ins Herrenberger Herrengebirge

Das wäre eine bodenlose Damenhaftigkeit, überboten nur von der Vorstellung, dass die Dame nicht nur mit der Herrenhandtasche ihres Gatten, sondern auch mit ihrem Pudel durch den Hauptbahnhof flaniert. Falls sie dabei nicht die Tasche, sondern das Tier vergessen würde, müsste sich der Pudel bei der Bundespolizei als frauchenlos melden. Noch komplizierter würde der Fall, wenn ein Mann nach einem Ehestreit mitsamt Koffer von Stuttgart aus mit der S-Bahn nach Herrenberg fährt und dort auf dem Bahnhof den Koffer vergisst, weil er sich in aller Eile über das Herrenberger Herrengebirge aus dem Staub machen will. Dann müsste die Bundespolizei – wollte sie korrekt sein – einen herrenlosen Koffer in Herrenberg melden, nach ersten Hinweisen im Herrengebirge ermitteln, um am Ende festzustellen, dass die ganze Chose auf eine Frau zurückzuführen ist.

Das wären schwer verdauliche Ermittlungen. Apropos: landläufig heißt es zu Geruchsbelästigungen infolge von Blähungen „Da hat einer einen Koffer stehen lassen.“ Dieser Koffer ist – nebenbei gesagt – im konkreten Fall meist herrenlos. Weil es hinterher keiner gewesen sein will.

Beste Grüße, Erik Raidt