Die Berichterstattung der StZ über Probleme an einer Cannstatter Grundschule hat Wellen bis hinauf nach Hamburg geschlagen. Dort analysiert ein Magazin nun das „Cannstatter Villenviertel“. StZ-Kolumnist Erik Raidt gefällt das.

Stuttgart - In ganz Deutschland hat die Berichterstattung der StZ über überfürsorgliche Eltern an einer Cannstatter Grundschule Wellen geschlagen. Kleinere Ausläufer sind bis hinauf nach Hamburg geschwappt, wo uns ein verdientes Magazin nicht den „Spiegel“ vorgehalten hat – über dem Horizont ist stattdessen ein „Stern“ der Erkenntnis aufgegangen. Passt auch gut zur Jahreszeit. Der „Stern“ aber sprach zu uns: Siehe, der Rektor der Schule solle sich nicht über Eltern empören, die ihre Karossen wild vor der Schule parkten und den Unterricht störten. Und siehe außerdem: in Stuttgart lasse es sich leicht auf hohem Niveau quengeln, der feine Herr Rektor möge bitte schön in einem echten Problembezirk ein Praktikum machen. Er hocke schließlich im „Nobelstadtteil Bad Cannstatt“ auf seinem hohen Ross, seine Lehrer im „Cannstatter Villenviertel“ sollten sich nicht so anstellen.

 

Herzlichen Dank für diese Erkenntnisse! Manchmal braucht es ein Fernrohr, um Dinge aus der Distanz heraus richtig zu sehen. So gerät in Stuttgart immer wieder in Vergessenheit, in welch unermesslichem Luxus die Cannstatter seit vielen Jahrzehnten baden: Der unaufhaltsame Aufstieg von „Bath Cannstatt“ begann mit der Entdeckung der weltberühmten Champagner-Quellen, die hierzulande im Untergrund sprudeln. In Cannstatt mischen junge Eltern ihren Babys den Schampus bereits tröpfchenweise ins Fläschchen, damit diese sich schon früh an den luxuriösen Geschmack der großen weiten Welt gewöhnen können – Geldadel verpflichtet!

Cannstatt ist viel schöner als Paris

Regelmäßig offenbart die Statistik, dass in Teilen von Cannstatt die Arbeitslosenzahlen höher liegen als im Rest der Stadt. Doch die Zahlen wurden bisher fehlgedeutet: Manche Cannstatter arbeiten nur deshalb nicht, weil sie von der Last ihrer Reichtümer derart niedergedrückt werden, dass sie eine weitere Anhäufung von Geld nicht ertragen. Im Nobelstadtteil Bad Cannstatt ist das Beste gerade gut genug: Feinste Edelarchitektur dominiert den Wilhelmsplatz, einen der schönsten Plätze der Welt. Nirgendwo ist die Porsche-Dichte höher als im Hallschlag, und wer je den Cannstatter Bahnhofsvorplatz mit seinen Boutiquen und Feinkostgeschäften staunend betrachtet hat, der weiß: edler kann die Avenue des Champs-Élysées unmöglich sein.

Schön, dass uns dieser unermessliche Reichtum mal wieder vor Augen gehalten wurde. Womöglich stand beim Blick aus Hamburg nach Stuttgart dabei leider das ein oder andere Mittelgebirge im Weg.

Schöne Grüße, Erik Raidt