Der VfB Stuttgart setzt auf einen alten Bekannten für die Jugendarbeit. Rainer Adrion soll die Talente beim Fußball-Bundesligisten besser fördern – was bisher die Aufgabe von Ralf Becker war. Der darf sich künftig nur noch um das Scouting kümmern.

Stuttgart - So ganz allmählich zeichnet sich jetzt wenigstens einmal ab, aus welcher Gegend der nächste Neuzugang des VfB Stuttgart eventuell sein könnte. Lateinamerika hat auf jeden Fall gerade nicht die allerschlechtesten Karten. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass der Spieler aus einem der Länder dort stamme, wird Jochen Schneider (43) gefragt. Da muss der Sportdirektor aber gar nicht lange überlegen. „36,35 Prozent“, antwortet er spontan. Das ist dann einer der Höhepunkte der Presserunde am Mittwoch mit Schneider, Rainer Adrion (60) und Ralf Becker (43).

 

Die drei sitzen so eng zusammen, dass kaum mehr ein Blatt Papier zwischen sie passen würde. Das soll wohl auch die Botschaft des Tages sein: Wir halten unbedingt zusammen! Aber trotzdem will ein Reporter gleich am Anfang wissen, wer beim VfB nun wessen Chef sei? „Eine berechtigte Frage“, erwidert Schneider wiederum spontan – und sagt, wer wessen Chef ist: er selbst nämlich der von Adrion und der Manager Fredi Bobic jener von Becker.

So ist also alles gerecht verteilt und jeder kennt seine Rolle – auch Adrion, der neue Mann, der jetzt zum dritten Mal zum VfB zurückgekehrt ist, dieses Mal als Chef der Nachwuchsarbeit unter dem Chef Schneider. „Das ist mein Heimatverein und meine Heimatstadt“, sagt der in Remseck-Halden wohnende Adrion. Von da aus hat er es nicht weit ins Clubhaus, wo er die Weichen so stellen soll, dass bald wieder mehr Talente den Sprung in die Bundesliga oder sogar in die Nationalelf schaffen als zuletzt.

Ralf Becker wird in seinen Zuständigkeit beschnitten

In den vergangenen beiden Jahren war dafür Becker zuständig, der sich nun jedoch auf das Scouting konzentrieren kann, das er bisher auch noch nebenbei leitete. Damit ist dieses Experiment des VfB gescheitert, der die beiden Abteilungen verschmolzen hatte, um die Wege kürzer zu machen. Jetzt sagt Schneider: „Die Bereiche sind so zeitintensiv und wichtig, dass eine Trennung der Aufgaben notwendig erscheint.“ Das sei ein Teil des Fazits der vergangenen Saison, in der das Team den Absturz in die Zweitklassigkeit gerade noch verhindern konnte. Das mit dem Teilfazit meint zwar auch Becker. Der drückt sich sich aber so aus, dass der Eindruck entstehen könnte, er sei von seiner Kompetenzbeschränkung nicht total begeistert. „Machen wir uns nichts vor“, sagt er, „der Grund für diese Sache war auch unser Abschneiden in der Bundesliga.“

Egal, das ist vorbei. Angefangen hat beim VfB die dritte Ära von Adrion, der bis Juni 2013 die U-21-Nationalmannschaft betreute. Der Remsecker geht seinen Job motiviert an und mit dem Ziel, „möglichst in jedem Jahr ein, zwei oder drei Talente nach oben zu den Profis zu bringen.“ Während seiner ersten und mehr noch während seiner zweiten Ära ist ihm das öfter gelungen – etwa mit Kevin Kuranyi, Andreas Hinkel, Serdar Tasci, Mario Gomez und Sami Khedira, die er mitausgebildet hat.

Nur mit jungen Leuten wird der VfB den Anschluss an die Spitze aber nicht herstellen können. An dieser Stelle kommt wieder Becker ins Spiel – und vor allem Schneider mit seinen spontanen 36,35 Prozent.