Ohne Navi, dafür mit Karte und Kompass, ging es für Claudia Uhlmann bei brütender Hitze durch Marokko, beim weltweit bekanntesten Frauenrennen Rallye Aicha des Gazelles. Für die 27-Jährige war der Wüstentrip eine Premiere – mit dem Ergebnis ist sie aber dennoch vollauf zufrieden.

Rund 2500 Kilometer lang ist die Route, die 160 Zweierteams in diesem Jahr mit Hilfe von Landkarten und Kompass finden mussten. Claudia Uhlmann, die in einer Hemminger Autowerkstatt arbeitet, und Bianca Mühlhammer ist das bei ihrer ersten Rallye erfolgreich gelungen: Sie fuhren mit einem Sprinter auf den sechsten Platz beim bekanntesten Frauen-Autorennen der Welt.
Frau Uhlmann, Sie haben knapp zwei Wochen lang die Wüste durchkreuzt – und mussten nach dem Rennen noch zurück nach Deutschland fahren. Wie schafft man das?
Es ging, weil wir noch zwei Tage auf der Fähre nach Barcelona ausspannen konnten, wo wir die Rallye-Fahrzeuge aufgeladen hatten. Von dort aus sind wir dann am Mittag um 12 Uhr los und waren nachts wieder hier. Dabei haben wir nur kurz Pausen zum Tanken gemacht.
Und dann ging’s gleich wieder zur Arbeit?
Nein, das wäre zu hart gewesen. Ich war erst am darauffolgenden Tag wieder in der Werkstatt. Und das war schon schwer genug, weil ich mit dem Kopf noch nicht wieder da war. Aber hier ist es gerade stressig, da Reifenwechselzeit ist und es gleich wieder richtig los ging für mich. Ich bin meinem Chef deshalb echt dankbar, dass er mich so lange hat gehen lassen.
Woran erinnern Sie sich am liebsten?
Allein schon der Start in Paris, das war echt beeindruckend, wenn am wichtigsten Punkt 160 Fahrzeuge stehen. Und natürlich gab es auch in Marokko viele Eindrücke.
Welche zum Beispiel?
Wir hatten ja auch Spenden dabei, und es war schön zu sehen, wie sich die Kinder in den Nomadendörfern gefreut haben. Und wir hatten es oft, dass sich die Teams gegenseitig geholfen haben. Man stieg einfach aus und half beim Schaufeln, wenn sich ein Auto festgefahren hatte. Das war schon toll. Und ich hatte auch selbst ein schönes Erlebnis, ich hatte während der Zeit Geburtstag. Am Abend haben die Beiden vom zweiten Mercedes-Team und die Mechaniker für mich gesungen, das war eine ganz gesellige Runde.
Es gab aber auch kritische Momente, wie in den Berichten zu den einzelnen Renntagen zu lesen ist . . .
Ja, meine Fahrerin Bianca hatte vor der ersten Marathon-Etappe zwei Nächte hintereinander nicht geschlafen, zudem gab es nie Schatten im Auto. Da bekam sie Kreislaufprobleme. Wir haben deshalb abgebrochen und sind zurück zu unserem Biwak gefahren. Die Gesundheit geht schließlich vor. An einem Tag war aber auch ich kurz vor dem Abbruch, ich hatte total die Orientierung verloren. Der Grund war eine Mischung aus 4 Uhr am Morgen aufstehen, dazu die Hitze – und dann sah alles gleich aus in der Wüste. In so einer Situation hilft nur: ruhig bleiben, was essen und trinken, und nochmals von vorne mit dem Navigieren beginnen.
Waren keine anderen Teams unterwegs, an denen Sie sich hätten orientieren können?
Wir mussten zwar alle morgens um sechs Uhr am Fahrzeug sein und dann im Zwei-Minuten-Abstand starten. Aber das verläuft sich dann, zumal nur in den seltensten Fällen Teams zum jeweils gleichen Checkpoint mussten.
Die Teilnehmerinnen dürfen ja keine Handys mitnehmen. Was passiert dann in solchen Fällen, wenn jemand nicht mehr weiterkommt?
Die Teams sind während des Rennens immer komplett abgesichert, es gibt Ärzte, die GPS haben und so die Betroffenen leicht finden können. Es kam aber auch vor, dass Teams erst in der Nacht um 2 Uhr zurückgekommen sind.
Apropos Schlafen: wie gut hat das nach einem anstrengenden Tag in der Wüste funktioniert, noch dazu in einem Zelt?
Das ging, man war ja abends einfach platt. Man musste nur schauen, dass man am nächsten Morgen keine Spinnen, Schlangen oder Skorpione ins Zelt einpackt.
Und wie war das tagsüber, bei den doch ungewohnten Verhältnissen – schließlich war es für Sie das erste Mal in einer Wüste?
Es ging einigermaßen. Es hatte um die 35 Grad, nachts wurde es dann ziemlich kühl. Was aber nicht so toll war, war der Sandsturm – der hätte wegbleiben können.
Bei all dem Stress: würden Sie im nächsten Jahr nochmals teilnehmen?
Dann müssten wir uns anders kümmern, wir sind ja über ein Handwerksmagazin ausgewählt worden, das geht ein nächstes Mal nicht mehr. Wir müssten also mit einem eigenen Fahrzeug starten, aber es ist ja schon in Frankreich schwierig, Sponsoren zu finden – und in Deutschland noch mehr, jemanden aufzutreiben, der Frauen fördert. Denn die Teilnahme kostet viel, man braucht ja megaviel Benzin. Zudem war unser Sprinter etwas umgebaut.
Stichwort Unterstützung: in Frankreich berichtet das Fernsehen regelmäßig über die Rallye Aïcha. Hier allerdings hörte man kaum etwas von dem Rennen . . .
Es ist ziemlich schwer, viele Menschen für den Frauensport zu begeistern, das fängt ja schon beim Fußball an. Ich finde das schade, denn es ist ja eine große Sache. In einem Jahr durften übrigens auch mal zwei Männer mitmachen – und die waren am Ende platzierungsmäßig nicht so weit vorn, wie sie es gedacht hatten.
Was die Platzierung betrifft: Sie haben am Ende die sechstbeste Wertung erreicht – hilft das vielleicht, um Unterstützer für eine erneute Teilnahme zu gewinnen?
Ich habe am Anfang gesagt, dass mir die Platzierung nicht so wichtig ist, sondern vielmehr das Erlebnis an sich. Unterwegs bekommt man dann aber schon einen gewissen Ehrgeiz. Und Bianca und ich haben mittlerweile überlegt, wie wir das deichseln können, dass wir nochmals mitmachen. Aber jetzt müssen wir das Erlebte erst noch einmal sacken lassen.