Beim 2:0-Erfolg des VfB Stuttgart II in der dritten Liga gegen den Karlsruher SC hat sich gezeigt, dass Rani Khedira (18) ein großes Talent ist. Es gibt viele Parallelen zu seinem älteren Bruder Sami, der inzwischen bei Real Madrid spielt.

Stuttgart - Wenn Rani Khedira nicht zufällig Rani Khedira heißen würde, sondern Rani Maier, wäre vieles anders. Diese Meinung vertritt Jürgen Kramny, als er sich nach dem begeisternden 2:0 gegen den Karlsruher SC über die Perspektiven seines Schützlings mit der Rückennummer acht auslassen soll. „Bei Rani Maier wäre das momentan noch nicht so spannend“, sagt der Trainer des VfB Stuttgart II. Rani Khedira heißt jedoch nun mal Rani Khedira und nicht Rani Maier. Aber spannend ist es nicht nur deshalb.

 

Er heißt übrigens auch nicht Sami Khedira (25), obwohl er fast genauso aussieht wie Sami Khedira (nur die Haare sind ein bisschen kürzer) und so spricht wie Sami Khedira (wohlbedacht und ausgewogen) und so spielt wie Sami Khedira (unaufgeregt und abgeklärt). Damit wandelt er auf den Spuren seines sieben Jahre älteren Bruders, der inzwischen bei einem Weltclub wie Real Madrid unter Vertrag steht. Wahrscheinlich würde sich auch Kramny nicht wundern, wenn Rani Khedira jetzt eine ähnliche Karriere hinlegt.

Ein Auftritt wie nach 200 Spielen

Gegen den KSC ist er jedenfalls aufgetreten, als habe er schon mindestens 200 Drittligaspiele absolviert. „Für sein Alter ist er sehr reif“, sagt Kramny. Rani Khedira – der jüngste Routinier aller Zeiten.

So präsentiert er sich auch hinterher. Souverän beantwortet er alle Fragen der Reporter, von denen er sich mit Handschlag verabschiedet. Das gehört sich im Hause Khedira, so wurde er erzogen – wie Sami und wie der dritte Bruder Danny, der ein Einserabitur ablieferte und Wirtschaftswissenschaften in Hohenheim studiert. Rani macht beim VfB eine kaufmännische Lehre. Seine Zukunft liegt jedoch nicht hinter dem Schreibtisch, sondern auf dem Fußballplatz. Da ist er auf Kurs.

Er ist 18. Sami war 19, als er beim 2:2 am 1. Oktober 2006 in Berlin zum ersten Mal in der Bundesliga aufgelaufen ist. Sein Debüt in der Nationalmannschaft feierte er 2009 mit 22 gegen Südafrika. Nach der WM 2010 wechselte er mit 23 zu Real. Doch an all das dachte Sami mit 18 noch nicht – und Rani tut das auch nicht. „Mein Fokus liegt im Augenblick nur auf der dritten Liga“, sagt er.

„Ich bin nicht Sami“

Wenn er von Verletzungen verschont bleibt, gilt das aber vermutlich nicht mehr lange. „Wir müssen aufpassen, dass wir einen Spieler nicht zu sehr herausheben“, sagt Kramny nach der Partie gegen den KSC, „aber was Rani geboten hat, war top.“ Rani hat es auch gefallen, vor allem wegen des Ergebnisses. „2:0 gewonnen“ – diese Nachricht schickt er Sami gleich per SMS nach Los Angeles, wo Real ein Trainingslager bezogen hat. „Mit ihm telefonieren kann ich jetzt nicht, weil er noch schläft“, sagt Rani Khedira angesichts des Zeitunterschieds zwischen Baden-Württemberg und Kalifornien.

Es vergeht ohnehin kaum ein Tag, an dem die beiden nicht miteinander reden. „Ich bin glücklich, so einen Bruder zu haben“, sagt Rani, „aber ich bin nicht Sami. Ich bin Rani.“ Er ist keine Kopie, dagegen wehrt er sich, auch wenn ihm klar ist, dass die Vergleiche kommen werden – zumal wenn er erfolgreich ist. Er ist auf dem Weg dahin.

So wie einst bei den Försters?

So ist ihm bereits in der vergangenen Rückrunde und damit in seinem ersten A-Jugendjahr der Sprung in die dritte Liga gelungen. Dennoch weiß er, dass sich die nächsten Schritte nun nicht automatisch einstellen werden. Dazu reicht der Blick auf eine VfB-Statistik, die der frühere Nachwuchstrainer Hansi Kleitsch angefertigt hat. Sie besagt, dass kaum ein Spieler, der schon in seinem ersten A-Jugendjahr in die zweite Mannschaft integriert wurde, später auch den Durchbruch bei den Profis schaffte. Ausnahmen bestätigen die Regel, siehe Sebastian Rudy – und Rani Khedira?

Ob ihm Sami eine Hilfe ist, wird sich zeigen. Im Idealfall läuft es bei den Khediras wie einst bei Karlheinz und Bernd Förster, wo der eine vom anderen profitierte. Aber auch das andere Extrem gab es beim VfB: Alexander Hleb und Vyacheslav Hleb, der trotz seines Talents nicht weiterkam. „Rani arbeitet hart an sich“, sagt Kramny, „da hat er ja ein Vorbild in der Familie.“ Wenn er Rani Maier heißen würde, wäre das wohl anders – es sei denn, es würde auch einen Sami Maier geben.