Die Theodor-Heuss-Straße und die umliegenden Straßen ziehen junge Männer an, die mit ihren PS-starken Kisten gesehen werden wollen. Den Gästen von Straßencafés gefallen die lautstarken Raser überhaupt nicht.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Wenn die Sonne zum Vorschein kommt, tauchen auch sie wieder auf: die mehr oder minder starken Männer in ihren protzigen Kisten. Schaulaufen mit viel PS ist wieder angesagt, wenn sich die Kneipen- und Cafégänger bis in die späten Abendstunden im Freien niederlassen. Dabei geht es vor allem auch um das Gesehenwerden. Deswegen ist in den späten Nachtstunden auch die Theodor-Heuss-Straße weiterhin eine beliebte Strecke. Nachdem die Polizei dort in den vergangenen Jahren häufig kontrolliert und durchgegriffen hatte, mussten zunächst die noch leeren Plätze des Europaviertels als Testgelände für Reifenquietschen und Motorengeheul herhalten. Nun scheint es die Freunde PS-starker Motoren auch in die Bolzstraße zu ziehen.

 

Was dort an lauen Frühlingsabenden passiert, schildert eine Besucherin des Café Künstlerbund, vor dessen Außenbereich die Bolzstraße endet: „Die fahren immer langsam vorbei, lassen am Ende dann den Motor aufdrehen und wenden, manche mit quietschenden Reifen“, sagt sie und fügt hinzu: „Das nervt brutal.“

Die Polizei verstärkt im Sommer die Kontrollen

„Es stimmt, dass die hier ihre Runden drehen, aber das ist ja nicht völlig neu“, sagt Osman Madan, der Geschäftsführer vom benachbarten Carls Brauhaus. „Die suchen halt ein Publikum für ihre Autos“, so erklärt er sich die Spazierfahrten auf dem relativ kurzen Straßenstück, dass auf Höhe der Königstraße auch noch durch einen Zebrastreifen unterbrochen ist. Es könne schon sein, dass der Cruising-Betrieb zugenommen habe, schließlich gebe es mit der steigenden Zahl gastronomischer Betriebe auch immer mehr Zuschauer.

In den vergangenen Jahren kamen dort nach und nach eine Eisdiele, die Pasta- und Pizza-Lokale Vapiano und Tialini, das Five, ein Asia-Imbiss, eine Eisdiele, in der Stephanstraße das Brauhaus Schönbuch und jüngst Carls Brauhaus hinzu – zusätzlich zum Café Künstlerbund und zu den Lokalen an der Vorderseite des Königsbaus. „Ich habe aber auch den Eindruck, dass die Polizei verstärkt ein Auge darauf hat. Es fahren immer mehr Streifenwagen hier vorbei“, berichtet Osman Madan.

„Bei uns sind einzelne Beschwerden eingegangen“, bestätigt Daniela Waldenmaier, Pressesprecherin der Polizei. Aber massiv seien die Meldungen der Anlieger noch nicht. Die Verkehrspolizei werde in den kommenden Wochen ihre Kontrollen – vor allem an den einschlägig bekannten Strecken der Heilbronner und der Theodor-Heuss-Straße – wieder verstärken. „Dabei werden die Kollegen dann auch auf die Situation in der Bolzstraße achten“, sagt Waldenmaier. Die kurze Strecke sei logischerweise nicht zum Rasen geeignet, aber sie führe durch die Fußgängerzone und an mehreren Lokalen mit Außensitzplätzen vorbei. Wenn die Polizei feststelle, dass die Spazierfahrten die Passanten und Gäste der Kneipen, Bars und Restaurants belästigen, würden sie „verkehrserzieherische“ Gespräche führen, mitunter könnte auch eine Verwarnung fällig werden. Die PS-starke Szene verlagere sich im Stadtgebiet immer mal wieder. „Daher sind wir froh, wenn wir Hinweise von Bürgern erhalten“, sagt die Polizeisprecherin. In der Innenstadt sei die Polizei von April bis November verstärkt im Einsatz, um die Raser und auch die langsamen, aber nach Aufmerksamkeit heischenden Cruiser in der Bolzstraße und angrenzenden Straßen im Blick zu behalten.

Die Raser haben weder Alkohol noch Drogen im Blut

„Ich begrüße es sehr, wenn die Polizei an der Theo und an der Bolzstraße stark präsent ist“, sagt die Bezirksvorsteherin von Mitte, Veronika Kienzle. Sie habe bei Gesprächen über Raser in der Theodor-Heuss-Straße auch in der Vergangenheit immer auf die Bolz-, die Stephan- und die Stauffenbergstraße hingewiesen. „Aber ich sehe kaum eine rechtliche Möglichkeit für die Polizei, dort einzugreifen. Auf der Partymeile sind Raser unterwegs, rundherum eher Reifenquietscher.“ Diese würden auch im Bereich Eberhardstraße, Wilhelmsplatz und Tübinger Straße ihre Runden drehen, sagt Veronika Kienzle.

Handhabe gegen unerlaubt umgebaute Fahrzeuge hat die Polizei indes. „Das wird aber immer weniger“, sagt die Polizeisprecherin. Habe man früher schon von Weitem fette Reifen und Auspuffanlagen gesehen, müsse man nun genauer hinschauen. „Wenn jemand auffällt, dann durch Rasen.“ Insgesamt seien trotz der Spazierfahrten zu Showzwecken im Bereich der Partyszene wenige Unfälle passiert. „Auch haben die Fahrer so gut wie nie Drogen oder Alkohol konsumiert“, fügt Waldenmaier hinzu.