Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte von Bahnfahrgästen bei Verspätungen auch auf Streiks ausgeweitet. Ab einer Verspätung von dreißig Minuten gibt es Anspruch auf eine Teilerstattung des Fahrpreises. Hier sind die zehn wichtigsten Tipps für Fahrgäste.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte von Bahnfahrgästen bei Verspätungen auch auf Streiks ausgeweitet. Ab einer Verspätung von dreißig Minuten gibt es Anspruch auf eine Teilerstattung des Fahrpreises. Hier sind die zehn wichtigsten Tipps für Fahrgäste.

 

Wegen des Streiks fällt meine Bahnreise aus. Was nun?

Bahnreisenden muss der Fahrpreis auch dann teilweise erstattet werden, wenn sich der Zug wegen schlechtem Wetter, Naturkatastrophen oder Streiks verspätet. Die Bahn haftet nun also auch bei „höherer Gewalt“. Das hat der Europäische Gerichtshof jüngst entschieden.

Man sagte mir, bei Streiks gelten die Fahrgastrechte nicht. Was stimmt nun?

Richtig ist: Bis zum EU-Urteil schlossen auch Schienenunternehmen wie die Deutsche Bahn in ihren Geschäftsbedingungen eine Rückerstattung grundsätzlich aus, wenn höhere Gewalt die Ursache für Verspätungen ist. Dieser Ausschluss ist aber nun nicht mehr zulässig.

Wie erfahre ich, ob mein Zug wegen des Streiks verspätet ist oder ausfällt?

Die Deutsche Bahn hat zusätzlich zur allgemeinen Servicenummer 0180 6 99 66 33 (20ct/Anruf aus dem Festnetz, Tarife bei Mobilfunk bis zu 60ct/Anruf) eine kostenlose Servicenummer unter 08000 99 66 33 geschaltet. Informationen sind auch unter www.bahn.de/aktuell oder unter m.bahn.de abrufbar.

Welche Entschädigung steht mir zu?

Bahnfahrer können bei allen Verspätungen von mindestens einer Stunde eine teilweise Rückerstattung des Fahrpreises verlangen. Bei Verspätungen von 60 bis 119 Minuten muss die Bahn demnach ein Viertel des Fahrpreises zurückzahlen, ab 120 Minuten mindestens die Hälfte.

Ich habe wegen des Bahnstreiks den Anschluss zu einer Flug- oder Schiffsreise verpasst. Muss die Bahn dafür zahlen?

Nein. Individuelle Schadenersatzansprüche wegen der Zugverspätung bleiben bei höherer Gewalt weiterhin ausgeschlossen. Bahn- oder Flugunternehmen haften zwar nach EU-Recht grundsätzlich auch für Folgeschäden durch Verspätungen. Das gilt aber nur, wenn die Ursachen hätten vermieden werden können.

Wie wird die Verspätung berechnet?

Entscheidend ist die Ankunft am Zielort. Kommt also der erste Zug nur 15 Minuten zu spät, wird dadurch aber der Anschlusszug verpasst und man kommt mehr als eine Stunde später am Ziel an, ist eine Entschädigung fällig. Wenn wegen Verspätungen eine Übernachtung notwendig wird, weil kein Anschlusszug mehr fährt, muss die Bahn auch angemessene Kosten der Übernachtung zahlen. Würde der Zug mehr als eine Stunde verspätet ankommen und sollte laut Fahrplan das Ziel zwischen 0 und 5 Uhr erreichen, kann man ein Taxi zur Weiterfahrt nutzen und die Bahn muss bis zu 80 Euro erstatten.

Was gilt, wenn ich wegen der Streiks lieber auf die Reise verzichte?

Bei zu erwartenden Verspätungen von mehr als einer Stunde kann der Fahrgast von der Reise zurücktreten und das gesamte Geld für die gebuchte Fahrkarte und die Reservierung zurückverlangen. Ist man unterwegs und hat die Reise bei einer Verspätung von mehr als einer Stunde ihren Sinn verloren, kann man die Fahrt abbrechen, zum Abfahrtort zurückfahren und das Geld zurückverlangen.

Ich stehe am Bahnsteig und der Zug hat streikbedingt Verspätung. Was nun?

Kommt der Zug mehr als 20 Minuten verspätet, kann man einen anderen, auch höherwertigen Zug nutzen. Man muss aber erst die möglichen Mehrkosten bezahlen und kann diese anschließend zurückfordern. Die Regelung gilt nicht bei stark verbilligten Tickets wie Länder-Tickets und Quer-durchs-Land-Fahrkarten.

Was gilt für Pendler?

Zeitkarten werden bei Verspätungen ab einer Stunde pauschal entschädigt. Im Nahverkehr gibt es 1,50 Euro (zweite Klasse), im Fernverkehr fünf Euro, maximal ein Viertel des Fahrtwertes. Die Bahn überweist Geld aber erst ab vier Euro.

Wie erhalte ich meine Entschädigung?

Man kann die Entschädigung formlos beim Servicecenter Fahrgastrechte (60647 Frankfurt/Main) geltend machen. Besser ist es, das Formular zu nutzen, das im Zug, am Bahnhof oder online (www.bahn.de/fahrgastrechte) erhältlich ist. Man sollte sich die Verspätung im Zug oder am Schalter bestätigen lassen.