Hubert Rüdenauer ist im Waldenbucher Rathaus eine Institution. Nach42 Jahren als Hauptamtsleiter geht er jetzt in Ruhestand.

Waldenbuch - Irgendwie war er schon immer da. Wer vor 42 Jahren an die Tür des Waldenbucher Hauptamtsleiters klopfte, traf auf Hubert Rüdenauer. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Bescheiden, unaufgeregt und verlässlich hat der Verwaltungsexperte die Entwicklung der Schönbuchstadt mehr als vier Jahrzehnte lang begleitet. Das wird sich nun ändern. Der 63-Jährige verabschiedet sich in den Ruhestand. Am 3. August ist sein letzter Arbeitstag.

 

Ein ganzes Berufsleben am selben Schreibtisch – so viel Standorttreue ist heutzutage kaum noch möglich. Und oft auch nicht gewünscht. „Das macht mir keiner mehr nach. Aber für mich war es genau das Richtige“, sagt Hubert Rüdenauer. Immer wieder haben interessierte Zeitgenossen die Frage nach seinen Ambitionen gestellt. Stets hat er dankend abgelehnt. Für Hubert Rüdenauer zählen andere Werte, als der berufliche Aufstieg oder ein dickes Plus auf dem Gehaltszettel. „Vom Typ her bin ich einer, der nicht unbedingt die absolute Traumkarriere machen wollte“, sagt er.

„Was für ein schöner Ort“

Ein Umfeld, in dem er sich wohlfühlt, stabile zwischenmenschliche Beziehungen und ein gutes Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen waren ihm wichtiger. Schon während der Ausbildung im beschaulichen Künzelsau und an der Verwaltungshochschule ihn Kehl stand für Rüdenauer fest: „Ich wollte nicht in die Großstadt.“ Als ihm der damalige Waldenbucher Bürgermeister Horst Störrle im Sommer 1973 nach dem Vorstellungsgespräch die Hand hinhielt, schlug Hubert Rüdenauer sofort ein. „Schon beim ersten Besuch habe ich gedacht, was für ein schöner Ort“, erinnert er sich.

In den Anfangsjahren bezog sich die Begeisterung des neuen Mitarbeiters vor allem auf die landschaftlichen Reize der Gemeinde. Der Hauptamtsleiter formuliert es diplomatisch: „Waldenbuch sah sehr kleinstädtisch aus.“ In der Altstadt saßen vor den Türen noch die Misthaufen, viele Häuser waren sanierungsbedürftig. „Eine Stadtführung hätte man damals nicht anbieten können. Man hätte Probleme gehabt, ein ordentliches Gebäude zu finden“, erinnert er sich.

Expansion in großem Stil

Es sind die Zeiten des Aufschwungs. Die Stadt expandiert, baut im großen Stil. Rüdenauer führt gemeinsam mit Störrle Umlegungsverhandlungen, vermittelt und überzeugt. Zu historischen Vorzeige-Sanierungen wie dem Café am Markt gesellen sich moderne Akzente wie das Gebäude der Kreissparkasse in der Altstadt. Auf dem Kalkofen wächst ein neues Wohngebiet. Auch der soziale Wohnungsbau wird gepflegt. Hubert Rüdenauer ist bei der Gründung der Stadtbau dabei und übernimmt das Amt des zweiten Geschäftsführers.

Schon damals gab es die Vision, dass sich der örtliche Schokoladenfabrikant Ritter im Gewerbegebiet Bonholz niederlässt. Horst Störrle konnte die Idee nicht umsetzen. Seinem Nachfolger Michael Lutz gelingt der Coup dann Jahre später. 2013 sicherte sich das Unternehmen 4,4 Hektar Gewerbefläche und einen Hektar Ackergrund als strategische Erweiterungsfläche. „Das war mit Abstand einer der besten Momente in meinem Berufsleben“, stellt der Hauptamtsleiter rückblickend fest.

Doch es gab auch dunkle Stunden. Als eine enge Mitarbeiterin im vergangenen Jahr schwer erkrankt und kurz darauf stirbt, ist Rüdenauer schwer getroffen: „Das war die schlimmste Nachricht in all den Jahren.“ Darüber verblassten die täglichen Ärgernisse und Probleme. Gleichwohl gibt es Entwicklungen, die der Pensionär in spe kritisch sieht. Dazu gehören soziale Medien wie Facebook. „Jeder kann dort über die Verwaltung herziehen, wie er gerade will“, moniert er.

Das bequeme Rathausleben ist ein Klischee

Auch die Verdichtung der Arbeit sieht er mit Sorge: „Es ist enorm, was alles auf einen einrauscht.“ 1973 habe es einen Kopierer gegeben, der mit etwas Glück einzelne Blätter ausspuckte. „Heute produzieren wir hunderte und tausende von Seiten. Auch die erforderlichen Abstimmungen mit externen Büros und die stärkere Beteiligung der Bürger bringt zusätzliche Aufgaben mit sich“, sagt Rüdenauer. Das Klischee vom bequemen Rathausleben will der 63-Jährige deshalb nicht stehen lassen: „Das ist der größte Quatsch aller Zeiten. Ein Schläfer wäre in unserer überschaubaren Verwaltungseinheit nicht vorstellbar.“

Zum Schlafen legt sich Rüdenauer ohnehin nur nieder, wenn er muss. Viel lieber ist er mit dem Fahrrad unterwegs. Mal eben in fünf Tagen nach Grenoble, sich abstrampeln beim Radmarathon – in seiner Freizeit stieg der Beamte vom Bürostuhl auf das Zweirad um. Das sorgte für den nötigen Ausgleich. „Es ist besser, einen Albaufstieg hochzufahren, als in sich hinein zu grübeln. Das klärt den Kopf“, empfiehlt er.

Mit dem Rad durch Deutschland

Das gilt auch für die Monate nach dem Abschied aus dem Rathaus. Denn den finalen Plan für die Gestaltung des Ruhestands gibt es noch nicht. „Ich bleibe offen und warte erst einmal ab“, hat sich der 63-Jährige vorgenommen. Eine Radtour von der Ostsee bis zum Bodensee könnte helfen. Doch das ist nun Privatsache. Nach 42 Jahren im Hauptamt gilt jetzt die Devise: Ich bin dann mal weg.