Die Baupläne der Verwaltung sorgen für Unmut bei den Stadträten. Während CDU und Freie Wähler mehr Stellplätze statt Büroflächen für die Stadtkämmerei fordern, attackiert die FDP die Grünen.

Stuttgart - Aller guten Dinge sind drei, heißt es im Volksmund. In zehn Tagen will der Ausschuss für Umwelt und Technik im dritten Anlauf über den Abriss und Neubau der Rathausgarage an der Eichstraße beraten, nachdem er das Thema am vergangenen Dienstag von der Tagesordnung abgesetzt hatte. Schon zwei Mal, 2009 sowie 2011, war das Vorhaben diskutiert und schließlich aufgrund der Haushaltslage doch wieder verschoben worden. Nun plant die Stadtverwaltung zu den bevorstehenden Etatberatungen einen neuen Anlauf.

 

Ob das Projekt, bestehend aus einer zweigeschossigen Tiefgarage sowie Büro- und Handelsflächen und einer Betriebskindertagesstätte, diesmal auf den Weg gebracht wird, ist freilich zweifelhaft. Seit dem letzten Versuch sind die Kosten von knapp 30 auf knapp 40 Millionen Euro gestiegen. Soviel veranschlagt das Hochbauamt inzwischen unter anderem wegen anfallender Mehrkosten für den Abbruch des alten Parkhauses – mit mehr als drei Millionen Euro der größte Batzen. Außerdem sind die Kosten für die Einrichtung der Büros der Stadtkämmerei auf den ersten drei Etagen und der Betriebskindertagesstätte, die von zwei auf drei Gruppen erweitert und im vierten Obergeschoss untergebracht werden soll, gestiegen. Die allgemeine Baupreissteigerung hat das Hochbauamt mit knapp einer Million Euro angesetzt.

Einzelne Parkplätze sind gesperrt, die Schließung droht

Über diese Kostensteigerung werden die Stadträte wohl nicht einfach hinwegsehen können, nachdem sie jüngst Kostenexplosionen bei anderen Projekten wie etwa dem gemeinsam mit dem Land betriebenen Bau der John-Cranko-Schule harsch kritisiert hatten. Zwar ist klar, dass die bestehende Rathausgarage seit Jahren sanierungsbedürftig ist. Aufgrund statischer Probleme sind mittlerweile fünf der insgesamt 284 Stellplätze gesperrt – weitere sollen folgen. Weil auch die Sicherheitsbeleuchtung veraltet ist, droht sogar die komplette Schließung des Parkhauses. Hinzu kommt: der Sanierungsbedarf für die Büros der Stadtkämmerei, derzeit an der Schmale Straße untergebracht, beläuft sich nach Schätzungen des Amts für Liegenschaften und Wohnen auf rund 25 Millionen Euro.

Andererseits müssten für den längerfristigen Erhalt des heutigen Parkhauses nach Angaben des Hochbauamts mindestens fünf Millionen Euro in den maroden Betonbau gesteckt werden. Addiert man die Kosten für die Sanierung der Stadtkämmerei, würden zwar nur 30 Millionen Euro aus dem städtischen Etat fällig. Platz für Einzelhandel und Gastronomie sowie die Kita für den Nachwuchs der städtischen Beschäftigten würden aber wegfallen und die Wirtschaftlichkeit des Projekts schwächen.

FDP wirft den Grünen die Vernichtung von Parkplätzen vor

Die Interessenvertreter der Autofahrer in der Stadt sehen aber vor allem ein anderes Thema kritisch. In einer Pressemitteilung interpretiert der FDP-Kreisvorsitzende Armin Serwani den geplanten Abriss als Bestandteil der Strategie der Grünen und ihres OB Fritz Kuhn, das Parkplatzangebot in der Innenstadt weiter zu verknappen. „Es geht hier um die Innenstadt und nicht um einen Dorfplatz in der Toskana“ schimpft der Liberale. Tatsächlich würden von den 244 öffentlichen Stellplätzen – 40 sind fest vermietet – in der neuen Rathausgarage mit ihren zwei Tiefgeschossen rund die Hälfte entfallen. Der Bau eines dritten Untergeschosses ist aus Gründen des Mineralwasserschutzes nicht möglich. Auch etliche Parkplätze im Umfeld des Rathauses müssten der mit der Neubebauung einhergehenden Umgestaltung der anliegenden Straßen weichen.

Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold weist den Vorwurf der FDP zurück, seine Partei habe nach dem Bahnprojekt Stuttgart 21 jetzt die Parkhäuser zum neuen Feindbild auserkoren: Richtig sei freilich, dass es in der Innenstadt noch genügend Parkkapazitäten gebe. Pätzold verweist auf die Belegungsdichte der umliegenden Parkhäuser etwa im Schwabenzentrum oder am Schillerplatz, wo es noch Reserven gebe. „Es ist ärgerlich, dass die Kosten durch eine unsaubere Vorplanung deutlich gestiegen sind“, so der Grüne. Man müsse sich jetzt noch einmal genau die Alternativen anschauen.

CDU und Freie Wähler wollen Parkplätze statt Büroflächen

CDU und Freie Wähler (FW) im Rat verfolgen den Wegfall der Stellplätze dagegen ebenfalls mit Sorge. Dies würde insbesondere die vielen Besucher der Veranstaltungen im Rathaus und die umliegende Gastronomie treffen, meint FW-Fraktionschef Jürgen Zeeb. Er sieht allerdings ebenso wie sein CDU-Pendant Alexander Kotz weniger die Grünen als Sündenbock, sondern vielmehr die vom Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) geführte Stadtkämmerei. Für deren gewünschte Büroräume im ersten, zweiten und dritten Obergeschoss ließen sich Alternativen finden, so Kotz und Zeeb unisono. Stattdessen sollten in diesen Geschossen weitere Stellplätze untergebracht werden. „Die sind auch erheblich billiger zu bauen als Büros“, meint Kotz, der die Kostenentwicklung bei dem Neubau ebenfalls für unerfreulich hält. Er will bei den anderen Fraktionen und der Verwaltung bis zur Behandlung des Themas Mitte Juli im Technikausschuss für diese Idee werben.

„Hässlicher Hinterhof des Rathauses“

In zwei Punkten sind sich die Ratsfraktionen einig: Städtebaulich ist das heutige Parkhaus aus dem Jahr 1960 keine Augenweide. Roswitha Blind, Fraktionsvorsitzende der SPD, spricht vom „hässlichen Hinterhof des Rathauses“, der dringend aufgewertet werden müsse. Auch die Betriebskita steht nicht zur Disposition.

Dass die Diskussion über das Thema nochmals verschoben wurde, dafür macht Roswitha Blind den Finanzbürgermeister Föll verantwortlich. Die Vorlage aus dem Referat ihres Parteifreundes Dirk Thürnau habe zu lang auf Fölls Schreibtisch gelegen: „Wir Stadträte haben es satt, dass wir uns solche Papiere dann in der Nacht vor der Sitzung durchlesen sollen.“