Ein Rathausneubau am Bahnhof ist das Lieblingsprojekt des Göppinger Stadtchefs. Doch aus dem Gemeinderat kommen ständig neue Ideen für Alternativstandorte. Sogar seine CDU treibt jetzt quer und denkt über ein „Rathaus am Eichert“ nach.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Für die einen ist der Vorschlag mutig, für die anderen „städtebaulich völlig daneben“. Gewiss aber ist die Idee, die in wenigen Jahren leer stehende Klinik am Eichert als gemeinsamen Verwaltungsbau für Stadt und Kreis weiter zu nutzen, bemerkenswert. Darüber herrschte im Göppinger Gemeinderat am Donnerstag Einigkeit. Vor allem, dass ausgerechnet der Architekt und Stadtrat Achim Fehrenbacher als CDU-Mann den Antrag stellte, überraschte manchen. „Es freut uns, dass jetzt auch die CDU querdenkt“, formulierte es der Freie-Wähler-Stadtrat Wolfgang Berge spöttisch, aber anerkennend.

 

Der OB hat sich längst festgelegt

Den Oberbürgermeister Guido Till dürfte der Vorstoß aus den Reihen seiner Parteifreunde weniger erfreut haben. Er hat sich festgelegt: Nur ein Neubau neben dem Bahnhof komme als Standort für einen zweiten Verwaltungssitz in Frage. Dort will Till die Dienststellen, die im sanierungsbedürftigen Technischen Rathaus in der Nordstadt und in verschiedenen kleineren Immobilien untergebracht sind, zusammenführen. Um im Werben um gute Mitarbeiter nicht ins Hintertreffen zu geraten, benötige man attraktive Arbeitsbedingungen in einem modernen Gebäude, ist der OB überzeugt. Obendrein könnte das auf knapp 25 Millionen Euro taxierte Projekt die Initialzündung für die überfällige städtebauliche Aufwertung des heruntergekommenen Bahnhofviertels bedeuten.

Schritt für Schritt verfolgt Till dieses Ziel. Gegenwärtig bereitet das Stadtbauamt den Architektenwettbewerb vor. Noch vor der Sommerpause soll die Ausschreibung erfolgen. Bisher folgte der Gemeinderat bei allen diesen Schritten mit großer Mehrheit, wenn auch im Hinblick auf die hohen Kosten mit mäßiger Begeisterung. Es gehe ja noch nicht um eine Grundsatzentscheidung, tröstete man sich.

Lauter schöne neue Vorschläge

Doch gleichzeitig gab es Störfeuer. Der Betonkoloss am Eichert ist nämlich nicht das erste Objekt, das als Alternative ins Spiel gebracht wurde. Als diese Woche eine Gemeinderatsdelegation das MAG-Areal besuchte, wurde prompt über eine Nutzung der historischen Böhringer-Hallen als Verwaltungsquartier spekuliert. Zuvor war schon der leer stehende Bürokomplex der Telekom im Reusch in den Fokus geraten, wobei der OB nicht ganz unschuldig daran war. Schließlich hatte er das Hochhaus dem Landrat als Ersatz für die 30 Millionen Euro teure Landratsamtserweiterung empfohlen. Genauso gut könnte man dort das zweite Rathaus einmieten, schallte es aus dem Gemeinderat zurück.

Auch die – für den geschassten Baubürgermeister Olav Brinker völlig ausreichende – Sanierung des Technischen Rathauses, besitzt noch Anhänger. Allerdings müssen Altbausanierungen nicht unbedingt preiswerter sein. Bei der Klinik hatte der Kreistag deshalb für einen Neubau votiert. Auch jetzt stellt sich die Frage, ob der Umbau des 700-Betten-Hauses zu einer Verwaltungszentrale für 220 Rathaus- und 110 Landkreisbeschäftigte wirklich billiger als das Bahnhofsprojekt wäre.

Mancher freut sich über die Quertreiberei

„Ich bin mir nicht sicher, ob der OB für seinen Plan gegenwärtig eine Mehrheit hat“, resümiert der SPD-Fraktionschef Armin Roos jedenfalls zufrieden die anhaltenden Quertreibereien. Doch wie soll es weitergehen? „Vielleicht sollten wir das dem OB langsam sagen“, meint die FDP-Stadträtin Susanne Weiß. Den teuren Architektenwettbewerb könnte man sich dann unter Umständen sparen.