Der Fernsehturm lässt grüßen: Die Stadt begründet die plötzliche Regelung in der Klett-Passage mit Problemen beim Brandschutz. Bei der Durchsetzung des nun geltenden Rauchverbots hilft die sogenannte Verkaufsstättenverordnung.

Stuttgart - Die Frage von Michael Stümpflen von der für die Mietervereinigung der Klett-Passage zuständigen Werbeagentur Salt & Pepper ist rhetorischer Natur: „Wetten dass . . . Sie es schaffen, nicht zu rauchen, solange Sie hier unten sind?“, steht auf Karten, die junge „Promotoren“ an die Laufkundschaft unterm Arnulf-Klett-Platz verteilen. Man lässt den Rauchern nämlich gar keine Wahl: Die 2010 aufgestellten Raucherstelen, in deren Fünf-Meter-Dunstkreis gequalmt werden durfte, werden ab- und stattdessen 30 neue an den elf Zugängen aufgebaut.

 

Und wer sich nicht an das nun gültige absolute Verbot in der Passage hält, muss wegen eines Verstoßes gegen die Verkaufsstättenverordnung mit einem Platzverweis rechnen, den die Polizei oder Mitarbeiter des städtischen Vollzugsdiensts aussprechen. Wer diesen ignoriert, dem droht ein Bußgeldbescheid, sagte Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU), der mit SSB-Vorstand Wolfgang Arnold dem Demontieren des ersten Aschenbechers in der Passage beiwohnte.

Wo nicht geraucht wird, wird auch nicht getrunken

Ziel von Stuttgarter Straßenbahnen und Deutscher Bahn, die für die 6500 Quadratmeter große Einkaufspassage verantwortlich sind, sei eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität. Die Denormalisierung des Rauchens schreitet in Stuttgart voran, wie die Verbote in Gaststätten und der Versuch von Bürgermeister Werner Wölfle (Grüne), die Krankenhäuser rauchfrei zu bekommen, zeigen.

Auch sollen Sicherheit und Brandschutz erhöht werden. Auf die Frage, ob es der Behörde nicht in erster Linie darum gehe, sozialen Randgruppen ihren wettergeschützten Sammelpunkt zu nehmen, sagte Schairer: „Das ist nicht der Hauptgrund.“ Klar sei aber, dass die Passage für Raucher, die sich dort aufhalten wollten, unattraktiver werde. Und wo nicht geraucht werden dürfe, werde auch kein Alkohol konsumiert. Im Übrigen gelte sowohl auf den Bahnsteigen wie im Hauptbahnhof schon lange ein Verbot.

Schwierige Rechtslage

Die Maßnahme in der Klett-Passage soll nur der Anfang sein. Man wolle in den nächsten Wochen Erfahrungen sammeln, sagt SSB-Chef Arnold mit Blick auf weitere unterirdische Stationen wie etwa den Charlotten – und den Rotebühlplatz. Es sei dem Unternehmen aber schon lange ein Anliegen, die Anlagen rauchfrei zu bekommen.

Allein es fehlte bisher eine Gesetzesgrundlage. Wie beim Fernsehturm, bei dem nach Jahrzehnten der öffentlichen Nutzung das Baurechtsamt unzureichenden Brandschutz entdeckte und der kurzerhand von OB Fritz Kuhn (Grüne) geschlossen wurde, ist seit einer Brandschau Ende 2012 nun offenbar auch die Klett-Passage im 38. Jahr ihres Bestehens – Eröffnung war am 7. April 1976 – zum Gefahrenherd geworden.

Die Verkaufsstättenverordnung als Hintertürchen

Zwar seien alle 36 unterirdischen SSB-Haltestellen seit 1989 rauchfrei und können Verstöße mit einem Bußgeld von 15 Euro geahndet werden. Es sei aber denkbar, dass glimmende Kippen von oben auf die Gleise geschnippt und Papierabfälle Feuer fangen könnten. Weil die SSB-Passagen rechtlich als öffentliche Plätze gewidmet sind, war es der Ordnungsbehörde bisher nicht möglich gewesen, ein Verbot juristisch zu begründen.

Der Verweis eines Mitarbeiters des Baurechtsamts, die Klett-Passage komme in Bedeutung und Funktion einer Ladenpassage gleich, für die doch die Verkaufsstättenverordnung gelte, eröffnete der Stadt die Möglichkeit, den Betreibern ein Rauchverbot aufzuerlegen. Die Verordnung regelt, dass Personen im Brandfall die Flucht ins Freie ermöglicht werden müsse.