Exklusiv Die Bundesregierung gewährt mittlerweile knapp jedem zweiten afghanischen Helfer von Bundeswehr und Polizei die Einreise nach Deutschland. Viele der ehemaligen Hilfskräfte fühlen sich von den Taliban bedroht.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die Bundesregierung gewährt nach Informationen der Stuttgarter Zeitung mittlerweile knapp jedem zweiten afghanischen Helfer von Bundeswehr und Polizei, der sich von den Taliban bedroht fühlt und daher nach Deutschland kommen will, die Einreise. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden bisher 1136 sogenannte Gefährdungsanzeigen von sogenannten Ortskräften abgegeben. Davon wurden 1114 bearbeitet (Stand 8. Oktober).

 

In 479 Fällen wurde eine individuelle Gefährdung festgestellt und eine Aufnahmezusage erteilt. Darin enthalten sind 42 ehemalige Ortskräfte, deren Arbeitsverhältnis vor Januar 2013 geendet hat.

Angesichts ihres weitgehenden Rückzugs aus Afghanistan sieht sich die Bundeswehr bisher massiver Kritik ausgesetzt, die Aufnahmeanträge zu restriktiv zu behandeln und die lokalen Helfer im Stich zu lassen, die nun die Rache der Aufständischen fürchten.

Nicht alle wollen raus aus Afghanistan

Infolge der 479 bisher erteilten Aufnahmezusagen, die bis Ende Dezember 2015 gültig sind, wurden allerdings erst 274 Visumanträge bei der deutschen Botschaft in Kabul gestellt. 271 Visa wurden erteilt, drei Anträge sind noch in Bearbeitung. Somit sind bisher 224 Betroffene mit insgesamt 490 Familienangehörigen nach Deutschland eingereist – alles in allem 714 Personen.

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass einige Ortskräfte trotz vorliegender Aufnahmezusage lieber in Afghanistan bleiben wollen“, erläutert eine Sprecherin des Innenministeriums. Aktuell sind noch 741 Afghanen für die drei Ressorts Verteidigung, Auswärtiges Amt und Inneres (Polizei) vor Ort tätig.