Bei einer groß angelegten Razzia im Raum Stuttgart hat die Polizei am Mittwoch vier mutmaßliche Nazirädelsführer festgenommen, darunter auch Daniel Reusch, Landesvorsitzender der Partei „Die Rechte“. Die Durchsuchungen brachten auch Propagandamaterial sowie zahlreiche Waffen zum Vorschein.

Region: Corinna Meinke (com)

Stuttgart - Bei einer groß angelegten Razzia am frühen Mittwochmorgen haben Ermittler von Polizei und Landeskriminalamt (LKA) unter anderen den Landesvorsitzenden der neonazistisch ausgerichteten Partei „Die Rechte“, Daniel Reusch, verhaftet. Dem Göppinger wird gemeinsam mit drei weiteren festgesetzten Rädelsführern die Bildung einer kriminellen Vereinigung zur Last gelegt.

 

Rund 160 Polizeibeamte waren im Einsatz, um 16 Wohnungen im Landkreis Göppingen, zwei Wohnungen im Kreis Esslingen und eine im Rems-Murr-Kreis zu durchsuchen. Die umfangreiche Razzia richtete sich gegen die rechtsextreme Szene in der Region Stuttgart. Den betroffenen  17 Männern und einer Frau im Alter zwischen 22 und 33 Jahren wird vorgeworfen, als Mitglieder der Autonomen Nationalisten eine kriminelle Vereinigung mit der Absicht gebildet zu haben, Straftaten zu begehen, erklärte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart am Donnerstag.

Seit dem Jahr 2010 wird gegen die rechte Szene im Kreis Göppingen und darüber hinaus ermittelt. Den Festgenommenen werden zahlreiche Straftaten, wie gefährliche Körperverletzungen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigungen, Volksverhetzung und Verstöße gegen das Waffengesetz vorgeworfen, teilten das Landeskriminalamt Baden-Württemberg und die Staatsanwaltschaft Stuttgart in einer gemeinsamen Erklärung mit.

Mitglieder der Autonomen Nationalisten hatten am 2. März 2013 in Göppingen einen Informationsstand des Aktionsbündnisses Kreis Göppingen nazifrei angegriffen. Sie verletzten Teilnehmer der friedlichen Aktion, als sie ihnen die aufgebauten Transparente mit Gewalt wegzunehmen versuchten. Bei der Kundgebung gab es die Aktion „Roter Teppich für Toleranz“: Dabei konnten sich Passanten und Aktivisten auf einer großen roten Folienbahn mit ihrer Unterschrift für Göppingen als Ort der kulturellen und weltanschaulichen Vielfalt bekennen.

Propagandamaterial beschlagnahmt

Die Naziszene reagierte auf die Verhaftungen mit einer angemeldeten Eilversammlung auf dem Göppinger Schillerplatz. Nach der Versammlung kam es zu Rangeleien mit linken Gegendemonstranten, dabei soll nach Zeugenabgaben eine Person verletzt worden sein.

Bei den Durchsuchungen am Mittwoch wurden Schlagstöcke, Wurfsterne, Schlagringe, Schreckschusspistolen und sandgefüllte Handschuhe, sogenannte Quarzhandschuhe, gefunden. Die Ermittler beschlagnahmten außerdem Propagandamaterial der Autonomen Nationalisten und Mobiltelefone. Mitglieder der Autonomen Nationalisten haben sich nach Erkenntnissen der Ermittler auch unter dem Namen „Die Unsterblichen“ betätigt. Dazu zählen kleinere spontane rechte Aufmärsche sowie Plakat- und Videoaktionen.

Bei den jüngst Verhafteten handele es sich um alte Bekannte aus dem rechtsextremen Lager, berichtete Ullrich Heffner vom Landeskriminalamt. Zu den vier Verhafteten im Alter von 22, 27, 30 und 33 Jahren zählt auch der Göppinger Daniel Reusch. Der Landesvorsitzenden der Partei „Die Rechte“ gehört zu den Organisatoren zahlreicher Göppinger Naziaufmärsche der vergangenen Jahre. Reusch droht bereits ein Haftbefehl, weil er jüngst das Amtsgericht Geislingen (Kreis Göppingen) mit seinem Nichterscheinen düpiert hatte. Der Staatsanwalt sah in der Krankmeldung des Angeklagten keine ausreichende Entschuldigung. Er forderte einen Haftbefehl, sollte Reusch keinen Nachweis über eine ernst zu nehmende Erkrankung vorlegen.

Reusch und einem weiteren Mitglied der Autonomen Nationalisten wird in dem Verfahren vorgeworfen, im Juni 2012 in Geislingen einen 16-Jährigen aus dem Kreis der Antifaschisten zu Boden gestoßen und mit Tritten traktiert zu haben.