Andere große Arbeitgeber in Stuttgart wollen sich an Porsche kein Beispiel nehmen. Sie setzen weiterhin auf bereits bekannte Strategien an Tagen mit Feinstaubalarm.

Stuttgart - Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Umweltverband die Automobilindustrie in den höchsten Tönen lobt. Zuletzt sah sich vor allem der Porsche-Mutterkonzern VW wegen der Manipulation der Abgaswerte scharfer Kritik der Umweltschützer ausgesetzt. Doch der Vorstoß der Zuffenhausener Sportwagenschmiede, ihren Mitarbeitern die kostenlose Fahrt mit Bus und Bahn an Tagen mit Feinstaubalarm zu ermöglichen, nötigt dem Regionalgeschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND), Gerhard Pfeifer, mehr als bloßen Respekt ab: „Chapeau – der Porsche-Coup wird vom BUND außerordentlich begrüßt. Damit ist wohl Porsche in Deutschland die erste Autofirma, die verantwortungsbewusst und offensiv mit dem Thema ÖPNV umgeht“, lobte Pfeifer. Der BUND hoffe nun, dass auch außerhalb der Feinstaubalarmzeit Porsche sein betriebliches Mobilitätsangebot weiter vorantreibe. Der jüngst angekündigte Einstieg von Porsche in das Jobticket sei hierbei ein weiterer Pluspunkt. Pfeifer: „Zumindest im Punkt betriebliches Mobilitätsmanagement ist Porsche nun wahrlich ein Vorbild: Daimler, Bosch, Mahle – bitte folgen.“

 

Auch die Freien Wähler im Stuttgarter Gemeinderat und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) halten den Porsche-Vorstoß für beispielgebend: „Dem sollten andere Firmen in Stuttgart und Umgebung folgen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ähnliche Angebote machen“, erklärte die Vize-Fraktionschefin Rose von Stein. Voraussetzung dafür sei, dass die Landeshauptstadt den ÖPNV ausbaue und etwa mehr Park-and-Ride-Plätze zur Verfügung gestellt würden. VCD-Chef Matthias Lieb fordert ganz konkret Daimler auf, nachzuziehen.

Andere setzen auf Videokonferenzen und Home Office

Der Porsche-Konkurrent in Untertürkheim mit seinen rund 80 000 Beschäftigten in der Region will sich nicht nachsagen lassen, man sei bisher in Sachen Feinstaubalarm tatenlos gewesen. Ein Daimler-Sprecher erklärte, schon bei vergangenen Feinstaubalarmen seien alle Mitarbeiter im Raum Stuttgart in einer Mail informiert worden. Dabei seien sie auch über die bei Feinstaubalarm vergünstigten Tarife der Daimler-eigenen Mobilitätsplattform Moovel und des Elektroauto-Verleihs Car2go unterrichtet worden. Das Unternehmen habe die Bildung von Fahrgemeinschaften angeregt sowie auf die Möglichkeit von Telefon- und Videokonferenzen hingewiesen, um den Pendelverkehr im Großraum Stuttgart zu reduzieren. Schließlich habe man auch Testfahrten im Stadtgebiet für die Dauer des Feinstaubalarms ausgesetzt. Dann folgt ein Satz, mit dem sich Daimler zumindest Optionen offenhält: „Derzeit prüfen wir, ob wir diese Möglichkeiten noch um zusätzliche Elemente im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs erweitern.“

Bosch, mit 33 000 Beschäftigten im Großraum Stuttgart der zweite Riese in der Mobilitätsbranche, verweist ebenfalls darauf, dass man Mitarbeitern das verbilligte Feinstaubticket schmackhaft gemacht habe. An Alarmtagen werde zudem vermehrt von zu Hause aus gearbeitet und die Gleitzeit genutzt. Optimierungen des Angebots seien an den Bedürfnissen der Mitarbeiter auszurichten. Versicherungen wie die Wüstenrot-Gruppe (5500 Mitarbeiter) oder die Allianz (4000) setzen ebenfalls auf Home Office und Mitfahrbörsen. Ein kostenloses Feinstaubticket ist aber derzeit nicht in Planung.

Zurückhaltend reagiert der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart (IHK), Andreas Richter. Zwar sei das Porsche-Modell für die Mitarbeiter „interessant“. Es werde sich aber zeigen müssen, „wie viele das Angebot letztlich nutzen werden“.