Wolfgang Schuster will nicht mehr kandidieren. Für seine Ankündigung erntet der Stuttgarter Oberbürgermeister parteiübergreifend Respekt.

Stuttgart - Die Entscheidung Wolfgang Schusters hat auf dem politischen Parkett der Landeshauptstadt Überraschung hervorgerufen. "Ich bin heute sehr gespannt hierhergekommen, und der Entschluss von Wolfgang Schuster kommt unerwartet für mich", kommentierte die stellvertretende CDU-Fraktionschefin Iris Ripsam in Abwesenheit des Fraktionsvorsitzenden Alexander Kotz.  Man respektiere und bedauere den angekündigten Rückzug ins Privatleben, so die offizielle Haltung der christdemokratischen Ratsfraktion.

 

Intern hatten CDU-Funktionäre allerdings in den vergangenen Tagen keinen Hehl daraus gemacht, dass sie einer erneuten Kandidatur Schusters eher skeptisch gegenüberstehen. "Jetzt schauen wir nach vorn und versuchen, möglichst schnell einen geeigneten Kandidaten oder eine Kandidatin für die OB-Wahl zu finden", so Ripsam. Die Kreis-CDU will bereits Mitte März auf einem mitgliederoffenen Parteitag einen Nachfolger nominieren. Die Grünen, seit der Kommunalwahl vom Sommer 2010 stärkste Kraft im Gemeinderat, hat der OB ebenfalls auf dem falschen Fuß erwischt.

"Genau der richtige Zeitpunkt"

"Ich hätte gedacht, er tritt nochmals an", sagte ihr Fraktionschef Peter Pätzold. Er habe großen Respekt vor der Entscheidung: "Nicht alle finden den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören." Jetzt, da die Katze aus dem Sack ist, bekommt der scheidende Oberbürgermeister sogar ein bisschen Lob vom Vormann der Ökopartei. Schuster sei seiner Partei, der CDU, in manchen ökologischen Fragen voraus gewesen, so Pätzold mit Verweis auf Schusters Redepassage, in der er sich als Atomkraftgegner zu erkennen gab.

Auch die SPD hatte den Rückzug des OB nicht erwartet, hält den Schritt aber für nachvollziehbar und verständlich. Ihre Fraktionsvorsitzende Roswitha Blind erklärte, sie empfinde Achtung und Respekt für den Rathauschef, der "genau den richtigen Zeitpunkt" erwischt habe, um Platz für einen Nachfolger zu machen. "Ich hätte meinen Hut darauf verwettet, dass er bleibt", sagte Baubürgermeister Matthias Hahn. Er nannte Schusters Entschluss "weise".

Auch wenn die Zusammenarbeit mit dem obersten Dienstvorgesetzten nicht immer konfliktfrei verlaufen sei, so sei man doch "alles in allem miteinander zurechtgekommen". Auch SPD-Vizefraktionschef Manfred Kanzleiter hat zwar eine andere Entscheidung erwartet, findet den Zeitpunkt aber richtig: "Das hat Wolfgang Schuster professionell gemacht." Doch Kanzleiter findet auch kritische Worte mit Blick auf Stuttgart 21. Schuster habe das Thema "über Jahre hinweg nicht gut gemanagt". Seinem Vorgänger Manfred Rommel, so der Stadtrat, "wäre das nicht passiert."

"Ein guter Abgang"

Die Freien Wähler loben Schusters Bilanz und geloben ihm für den Rest seiner zweiten Amtszeit volle Unterstützung. Und doch klingt beim Fraktionsvorsitzenden Jürgen Zeeb auch leise Kritik durch, wenn er sagt, die Stadt benötige nach dem Verzicht des Amtsinhabers nunmehr "einen bürgernahen Brückenbauer, der auch auf einer Bierbank eine gute Figur abgibt".

Dieses Talent sei Schuster nicht eigen gewesen, so Zeeb. Er selbst glaubte bis zuletzt ebenfalls, beim OB eher die Tendenz zum Weitermachen zu erkennen. Diese Einschätzung herrschte auch bei der Rats-FDP vor. Deren Fraktionschef Bernd Klingler spricht dennoch von einem "guten Abgang", der höchsten Respekt verdiene.

Anders sieht das der Vorsitzende der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke, Hannes Rockenbauch. Zwar garantiere der Rückzug einen Neuanfang für die Stadt, den diese nach dem Streit über Stuttgart 21 auch dringend nötig habe, aber schade sei, "dass wir Schuster nun nicht mehr abwählen können".