Vertreter von Politik, Verbänden und Kammern setzen auf den pro-europäischen Präsidentschaftskandidaten, um die engen Handelsbeziehungen zwischen den Partnern diesseits und jenseits des Rheins nicht zu gefährden.

Stuttgart - Nicht nur politisch und kulturell stehen sich die beiden Nachbarn diesseits und jenseits des Rheins traditionell nahe. Frankreich ist auch einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschlands – und damit auch Baden-Württembergs. Der Bietigheimer Maschinenbauer Dürr pflegt seit Jahrzehnten enge Beziehungen ins Nachbarland und unterhält dort in allen Geschäftszweigen eigene Tochtergesellschaften: „Es ist wichtig, dass man sich kennt und die gleiche Sprache spricht“, sagt ein Unternehmenssprecher.

 

Die Töchter, bei denen 250 der insgesamt 15 000 Dürr-Beschäftigten arbeiten, seien ein „Brückenkopf zum Kunden“. Dazu gehören beispielsweise die Autobauer Peugeot-Citroën und Renault. Wenn diese irgendwo in der Welt eine Lackieranlage „Made in Bietigheim“ installieren wollten, laufe der erste Kontakt über die Tochtergesellschaft in Frankreich. In den Bereichen Auswuchttechnik für Turbolader und Felgen sowie Holzbearbeitungstechnik (Homag) lässt Dürr auch vor Ort in Lothringen beziehungsweise im Elsass fertigen.

Frankreich viertgrößter Handelspartner Baden-Württembergs

Insgesamt haben im vergangenen Jahr Waren im Wert von knapp 26 Milliarden Euro die rund 180 Kilometer lange Grenze zwischen Baden-Württemberg und Frankreich überquert. Das Handelsvolumen ist im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozent gestiegen. Damit war Frankreich nach den USA, der Schweiz und den Niederlanden der viertgrößte Handelspartner für den Südwesten. Während die Einfuhren französischer Produkte in den Südwesten 2016 um zwei Prozent auf 11,6 Milliarden Euro zulegten, gingen die baden-württembergischen Exporte an die Seine um 0,6 Prozent auf gut 14,3 Milliarden Euro zurück. Zum Jahresauftakt 2017 legten die Ausfuhren dagegen deutlich zu: Im Januar und Februar stand ein Plus von 6,7 Prozent zu Buche.

Das mit Abstand größte Exportvolumen von rund drei Milliarden Euro entfiel 2016 auf Maschinen. Dahinter folgten Kraftfahrzeuge und Fahrzeugteile (2,3 Milliarden Euro) sowie chemische Erzeugnisse (eine Milliarde Euro). Die Top-3 der wichtigsten Importgüter führten Kraftfahrzeuge und Kfz-Teile mit 1,4 Milliarden Euro vor Chemieprodukten (1,35 Milliarden Euro) und Maschinen (1,1 Milliarden Euro) an.

Macron als Stimme gegen Abschottung und Protektionismus

Der Ausgang der ersten Runde zur Präsidentschaftswahl am Sonntag traf sowohl in der baden-württembergische Landesregierung als auch bei den Verbänden und Kammern im Land auf Zustimmung: Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) begrüßte, dass sich „mit Emmanuel Macron eine proeuropäische, nicht auf Abschottung und Protektionismus setzende Stimme mit Wirtschaftserfahrung durchsetzen konnte“. Sie hofft entsprechend auf einen Sieg Macrons in der entscheidenden Runde der Wahl am 7. Mai. Dem schließt sich auch der Präsident des Landesverbands der Industrie (LVI), Hans-Eberhard Koch, an: „Dass die unterlegenen gemäßigten Kandidaten Emmanuel Macron ihre Unterstützung zugesagt haben, unterstreicht einmal mehr den Willen, sich gemeinsam für die Zukunft der EU als Garantin für Frieden, Wohlstand und Arbeitsplätze einzusetzen“, so Koch.

Allein in der Region Stuttgart sind mehr als 320 französische Unternehmen ansässig. Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart, bezeichnete die Partnerschaft beider Länder als „Anker der Europäischen Union“. Man sei auf einen starken französischen Partner angewiesen, der für die Europäische Idee, den europäischen Binnenmarkt und fairen Handel ohne Barrieren eintrete. „Umso mehr wäre es wünschenswert“, so Richter weiter, „wenn Frankreich seine Wachstumsschwäche überwinden würde und in seiner Bevölkerung die Zustimmung zu den dafür erforderlichen Reformen gewinnen könnte.“