Der Bundesrechnungshof zweifelt daran, dass das Karlsruher Großprojekt der Straßenbahnuntertunnelung wirtschaftlich ist. Damit stellt die Behörde Zuschüsse des Bundes für das Vorhaben in Frage. Der Bund zahlt immerhin 60 Prozent der Kosten.

Karlsruhe - Vordergründig wird an dem Großprojekt Stadtbahntunnel Karlsruhe gebaut, hinter den Kulissen um die Finanzierung gebangt. Denn der Bundesrechnungshof stellt den Finanzierungsanteil des Bundes zumindest für Teilabschnitte in Frage. Das könnte dazu führen, dass hohe Summen nicht fließen oder nicht das ganze Projekt umgesetzt werden kann. Der Bund fördert das Projekt zu 60 Prozent. Dabei handelt es sich um den größten Eingriff in das Karlsruher Stadtbild in der Nachkriegsgeschichte. Den Kern bildet ein zwei Kilometer langer Tunnel mit dem die Stadtbahn in der Kaiserstraße eine Etage tiefer verlegt werden soll.

 

Dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts kritisch gesehen wird, geht aus einem Brief des Bundesrechnungshofs hervor, der der Stuttgarter Zeitung exklusiv vorliegt. Darin heißt es wörtlich: „Die bisherigen, vorläufigen Prüfungsergebnisse des Bundesrechnungshofes sowie die mit dem Vorhaben zusammenhängenden, jetzt anstehenden Entscheidungen veranlassen den Bundesrechnungshof zu der Einschätzung, dass die Wirtschaftlichkeit des Gesamtvorhabens Stadtbahn Karlsruhe, Innenstadterschließung nicht mehr gegeben sein dürfte“. Die Folgen werden ebenfalls benannt: „Ohne einen aktualisierten positiven Nachweis der Wirtschaftlichkeit wären dem Vorhaben die Fördervoraussetzungen entzogen“.

Der Bund zahlt 60 Prozent

Machte der Bund nicht mehr mit, hätte das für das Projekt oder die Projektpartner fatale Folgen. 60 Prozent der förderfähigen Kosten von – längst überholten – rund 500 Millionen Euro werden vom Bund getragen, je 20 Prozent vom Land Baden-Württemberg und der Stadt Karlsruhe. Das Schreiben des in Bonn ansässigen Bundesrechnungshofs hat schon einige Gespräche ausgelöst. Auf Anfrage erklärt ein Sprecher des Stuttgarter Verkehrsministeriums: „Alle Beteiligten sind sich einig, dass die Zahlen des Projektes nachgerechnet und aktualisiert werden müssen.“

2008 hatte das Bundesverkehrsministerium Zuschüsse für das Teilvorhaben Kaiserstraße bewilligt. Aber bereits damals erhielten die Stuttgarter Ministeriumskollegen laut Rechnungshof den Hinweis, „dass bei gravierenden Kostenerhöhungen die Gefahr besteht, dass dem Vorhaben angesichts des knappen Nutzen-Kosten-Indikators die Fördervoraussetzungen entzogen werden“. Ende Oktober 2012 wurde eine Kostenerhöhung von 70,4 Millionen Euro für den Stadtbahntunnel in der Kaiserstraße bewilligt und der Teilabschnitt für eine Straßenbahn in der Kriegsstraße samt einem Straßentunnel zur Förderung in das Bundesprogramm aufgenommen.

Entscheidendes Kosten-Nutzen-Verhältnis

Entscheidend ist bei diesen Projekten, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis größer Faktor eins ist, dass also der Nutzen die Kosten übersteigt. Das gilt für alle großen Verkehrsprojekte, die Zuschüsse erhalten, auch zum Beispiel für die Regionalstadtbahn Neckar-Alb. Im Falle der Karlsruher Stadtbahn wurde dieser Wert lange mit 1,18 angegeben. Nun zitiert der Rechnungshof ein letztes ihm vorliegendes Kosten-Nutzen-Verhältnis aus dem Jahr 2010 mit dem Wert von 1,041. Doch seither sind die Kostenprognosen kontinuierlich gestiegen. Offenbar ist bereits von einem Wert von 1,005 die Rede. Das Ende der Kostenspirale ist längst nicht erreicht, Oberbürgermeister Frank Mentrup hat bereits von rund 900 Millionen Euro an Gesamtkosten einschließlich der nicht mit Zuschüssen bedachten Summen geredet.

Weiter halten die Bonner Beamten fest, dass für den Abschnitt Kriegsstraße viele Daten fehlen, die Kosten für den Straßentunnel werden mit rund 150 Millionen Euro angenommen. Einschließlich der Mehrwertsteuer, die war in manchen Berechnungen nicht beachtet worden. Auch darauf hat der Rechnungshof hingewiesen. In einem Fazit empfiehlt der Bundesrechnungshof dem Bundesverkehrsministerium, das „Teilvorhaben Kriegsstraße nicht ohne einen aktualisierten positiven Nachweis der Wirtschaftlichkeit des Gesamtvorhabens zu fördern“. Und er fordert das Bundesministerium auf, zeitnahe Entscheidungen zu treffen, „damit alle Beteiligten ihr weiteres Vorgehen danach ausrichten können“.

Arbeiten sind fortgeschritten

Noch hofft man in Karlsruhe darauf, dass neue Zahlen über den Kostenverlauf die Wirtschaftlichkeit des Projekts „Stadtbahn Karlsruhe, Innenstadterschließung“ doch noch belegen und die veranschlagten Summen aus dem Bundeshaushalt Karlsruhe erreichen, und nicht am Ende einige Millionen Euro zurücküberwiesen werden müssen. Die Arbeiten für die Verlegung der Stadtbahn unter die Kaiserstraße sind so weit fortgeschritten, dass sie abgeschlossen werden müssen. In der nahen Kriegsstraße sieht das anders aus, da wäre das Ziehen der Notbremse beim Bau von Stadtbahn- und Straßentunnel noch möglich, um die Wirtschaftlichkeit zu erreichen.