Ein komplettes Gebäude aus recyceltem Beton – dazu braucht man zurzeit noch eine Sondergenehmigung. Um auf den ökologisch sinnvollen Baustoff aufmerksam zu machen , hat ein Winnender Recyclingunternehmen nun ein solches in Angriff genommen.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Winnenden - Die Schweiz hat die Nase vorn, da sind sich alle einig auf dem Gelände der Firma Schief in Winnenden. „Noch“, fügt Florian Knappe hinzu, der beim Institut für Energie- und Umweltweltforschung (IFEU) in Heidelberg für den Bereich Bauabfälle zuständig und deshalb Experte im Bereich Recycling-Beton ist. Dieser werde in der Schweiz seit Jahren kräftig und mit großem Erfolg eingesetzt. Die Stadt Zürich errichte mittlerweile alle öffentlichen Gebäude mit „R-Beton“, wie Fachleute das aus Bauschutt gewonnene Material abkürzen. Bei Schief entsteht zurzeit eine Wiegehalle für Lastwagen komplett aus R-Beton. Dazu musste jedoch eine Sondergenehmigung beim Regierungspräsidium Tübingen eingeholt werden. Denn bis jetzt darf R-Beton beim Bauen nur zugemischt werden, maximal 45 Prozent.

 

Recycling-Beton ist noch nicht sehr populär

Wenn es nach Knappe ginge, würde der R-Beton auch in Deutschland verstärkt zum Einsatz kommen. Und er zählt gute Gründe dafür auf, als der Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Mittwochmorgen die Baustelle besichtigt. „Auch die Kapazität an Steinen ist begrenzt“, sagt Knappe. Das könne man sich zwar kaum vorstellen, denn, wo man hinblicke, sehe man Steine. Der Haken sei jedoch, diese abzubauen. „Es wird immer schwieriger, Steinbrüche auszuweisen“, so Knappe. Krach und Staub vertragen sich in Ballungsräumen wie dem Großraum Stuttgart schlecht mit Wohngebieten.

Und Stein ist zudem nicht gleich Stein. „Der Kies für Beton, der hier gemischt wird, stammt aus dem Rhein in Südbaden oder aus dem bayerischen Günzburg“, sagt Walter Feeß, Inhaber der Firma Erdbau Feess aus Kirchheim Teck (Kreis Esslingen). Er recycelt seit vier Jahren den sogenannten Umschlaganteil aus Bauschutt, der dann in Werken wie der Firma Winnender Frischbeton weiterverarbeitet wird. Wichtig dabei sind die Steine, die aus dem Schutt gewonnen werden. Die Maschinen dazu können diese mittlerweile bis zur Erdnussgröße aussieben. „Der Aufwand ist natürlich größer, aber der Vorteil für die Umwelt ist riesig. Statt Hunderte von Kilometern zu fahren, um Kies zu holen, sind es hier nur wenige. Gebäude werden vor Ort ständig abgebrochen“, sagt Feeß.

110 Wohnungen im Stuttgarter Osten mit R-Beton gebaut

In der Schweiz stelle man unter anderem deshalb auf Recycling-Beton um, weil dort der Schwerlastverkehr mit einem Franken pro Kilometer belegt werde, erklärt Knappe. In Deutschland sei der R-Beton bislang kaum bekannt. Zugemischt werde er schon seit einigen Jahren, doch Bauvorhaben, bei denen der R-Beton größer zum Einsatz kommt, seien noch rar. „Im Stuttgarter Osten wurden damit am Raitelsberg 110 Wohnungen vom Bau- und Wohnungsverein gebaut. Das war das erste Mal in Baden-Württemberg“, sagt Walter Feeß, der hofft, dass die Politik bald mehr für den neuen Baustoff unternimmt.

„Mir ist es egal, ob recycelter Beton eingesetzt wird. Ich muss mich an die DIN-Nummern halten, und die erfüllt der R-Beton“, sagt ein Statiker, der unter den Besuchern ist. „Das hält auf jeden Fall“, sagt er und zeigt auf den Neubau des Wiegehauses.

Nach der Baustellenbesichtigung auf dem Gelände der Firma Schief geht die Besuchergruppe auf das Nachbarareal der Winnender Frischbeton, wo Burkhard Kunze, der Vertriebsleiter der Firma Kies-Krieger aus Remseck (Kreis Ludwigsburg), die Herstellung des R-Betons nicht nur erklärt, sondern in dem Mischturm der Firma auch zeigt. Dazu fährt unter anderem ein Lastwagen der Firma Feess auf den Hof. Auf diesem herrscht ein reger Verkehr an Betonmischern. Es wird offenbar allerhand gebaut.