In Ablehnung vereint: Das Redaktionsstatut ändern wollte im Hemminger Gemeinderat eigentlich niemand. Und trotzdem gibt es künftig neue Regeln.

Hemmingen - Einigkeit herrscht im Hemminger Gemeinderat selten. In ihrer Ablehnung der Änderungen im Redaktionsstatut der Gemeinde waren die Räte in ihrer Sitzung am Dienstag jedoch einer Meinung. Denn die neuen Regeln für das Amtsblatt stehen in diametralem Gegensatz zu dem, was heute erlaubt ist. Die Räte fürchten nach dem widerwilligen Beschluss um ihren öffentlichen Einfluss.

 

Im Redaktionsstatut ist unter anderem festgelegt, wer sich im Amtsblatt zu Wort melden darf; etwa nur Fraktionen oder nur Parteien. Auch, um welche Themen es dabei gehen darf, wird präzisiert – und welche Zeit vor einer Wahl pausiert werden muss.

Die Beiträge der Parteien und Fraktionen müssen den meisten Regelwerken zufolge einen örtlichen Bezug haben – nicht erlaubt ist in der Regel beispielsweise, dass sich eine Partei oder Fraktion zu bundespolitischen Themen wie der Flüchtlingspolitik ohne örtliche Anknüpfungspunkte äußert. Ebenso legen viele Kommunen eine mehr oder weniger lange Karenzzeit vor Wahlen fest, in denen Parteien oder Fraktionen gar nicht berichten dürfen.

In Hemmingen ist es umgekehrt: Während auch hier normalerweise nur örtlich relevante Themen ins Amtsblatt dürfen, ändert sich das vor Wahlen: Dann sind auch überörtliche Berichte erlaubt. Insbesondere das Fehlen einer Karenzzeit ist problematisch; schließlich muss das Amtsblatt neutral sein – mit parteipolitischen Äußerungen vor Wahlen riskiert die Gemeinde eine Wahlanfechtung. Künftig darf deshalb drei Monate vor Kommunalwahlen und sechs Wochen vor Parlamentswahlen nicht mehr berichtet werden. Damit orientiert man sich auch am Innenministerium.

Den Räten stößt die Zwangspause sauer auf – sie fürchten um ihren Einfluss auf die Bürger. „Es wird schwerer für Parteien, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen“, sagte etwa der SPD-Fraktionschef Wolfgang Stehmer mit Bezug auf die öffentliche Willensbildung. Die lokale Presse, so der Tenor, berichte häufig nicht von den Veranstaltungen der Parteien. Emotional wurde der CDU-Rat Wilfried Gentner: „Wer so einen Schmarrn ersonnen hat, das geht mir nicht in den Kopf. Jede Sekte darf bei uns veröffentlichen, aber wir nicht.“

Der Freie Wähler Wolfgang Gerlach regte gar – nicht ganz ernst gemeint – die Gründung eines „VopH“ an, eines „Vereins ohne politischen Hintergrund“. Über diesen Weg könnten die jeweiligen Fraktionen dann zumindest über ihre unpolitischen Themen auch vor Wahlen berichten. Auch ein interfraktionelles Team sei denkbar.

Auch eine Geschäftsordnung muss sich das Gremium geben, auch diese hat es – überwiegend ebenfalls widerwillig – beschlossen. Auch über einen möglichen Ältestenrat wurde erneut gesprochen, den die SPD ins Spiel gebracht hatte. Die weiteren Fraktionen halten davon nichts – weil das Gremium nicht-öffentlich tagen würde.