Der Druck auf die Union wächst, sich bei der Reform der Ausbildung für Kranken- und Altenpfleger endlich zu entscheiden. Die Ausbildung gilt als nicht mehr zeitgemäß.

Berlin - Die Skepsis in der Unionsfraktion gegenüber der von der Bundesregierung geplanten Reform der Pflegeberufe hat zu zahlreichen Appellen an die Union geführt, das Projekt nicht zu blockieren. Andreas Westerfellhaus, der Präsident des Deutschen Pflegerates, begründete sein Eintreten für die generalisierte Ausbildung damit, „dass man nicht mit den Strukturen des 19. Jahrhunderts die Probleme des 21. Jahrhunderts lösen kann“. Wenn sich nun „einige Verhinderer“ der Reform in den Weg stellen wollten, „dann läge bei diesen Abgeordneten die Verantwortung dafür, dass in Zukunft eine qualifizierte Patientenversorgung in der Pflege in Frage gestellt wird“.

 

Ausbildung nicht mehr zeitgemäß

Auch der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, fand ähnliche Worte: „Wer sich jetzt noch immer einer zukunftsweisenden Form der Ausbildung in der Pflege widersetzt, gefährdet die Zukunft der Pflege.“ Die Differenzierung zwischen Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege in der Ausbildung sei „längst nicht mehr zeitgemäß“, sagte Neher unserer Zeitung. Durch die zusammengeführte Ausbildung entstehe ein neuer Pflegeberuf, „der dazu führen wird, dass das Ansehen des Berufs steigt und sich das Image deutlich verbessert“. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), warb ebenfalls für das Projekt und nannte die Reform „eine einmalige Chance, um die pflegerische Versorgung in unserem Land langfristig sicherzustellen“.

Damit erhöht sich der Druck auf die Unionsfraktion erheblich. Scheiterte das Projekt, könnte sie nicht auf den Koalitionspartner weisen. Die SPD steht hinter dem Gesetzentwurf, der nicht nur von Gesundheitsminister Hermann Gröhe, sondern auch von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) mitgetragen wird. Die Göppinger Bundestagsabgeordnete und SPD-Gesundheitspolitikerin Heike Baehrens nannte es im Gespräch mit unserer Zeitung „unverantwortlich, wenn die CDU/CSU die dringend notwendige Pflegeberufsreform platzen lässt“. Sie würde damit nicht nur die „überfällige Aufwertung des Pflegeberufs auf lange Sicht verhindern“, sagte sie: „Sie würde auch ihren Gesundheitsminister kompromittieren.“

Gesundheitsminister unter Druck

Tatsächlich käme ein Scheitern des Vorhabens für den Gesundheitsminister zu keinem günstigen Zeitpunkt, denn die Pflege ist nicht der einzige Konflikt, in dem er sich derzeit bewähren muss. Auch das parlamentarische Ringen um Korrekturen im System der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen dürfte für den Minister noch Fallstricke bereithalten. Doch scheint die Lage verfahren. Erwin Rüddel, der pflegepolitische Sprecher der Union und selbst einer der dezidiertesten Kritiker der Ausbildungsreform, nennt die Situation „unübersichtlich“. Er spricht davon, dass die Befürworter „mit der Brechstange das Gesetz durchdrücken wollen“. Wie immer die Lösung aussehen wird, ist sich Rüddel der öffentlichen Reaktionen gewiss. „Gleich wie man sich entscheidet, wird es einen Aufschrei in der Pflegeszene geben.“ Derzeit sieht es so aus, als verbliebe die Unionsfraktion deshalb in Schockstarre.